Seen, Bäche und Flüsse spielen eine wichtigere Rolle im Kohlenstoffkreislauf als bisher gedacht. Dies hat jetzt ein internationales Wissenschaftlerteam in einer neuen Studie gezeigt. Solche Binnengewässer speichern nicht nur unerwartet große Mengen an Kohlenstoff, sondern produzieren gleichzeitig auch Treibhausgase.
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Die neue Erkenntnis hat weitreichende Auswirkungen für die Klimaforschung, schreiben die Forscher um Tom J. Battin von der Universität Wien zusammen mit Kollegen der Universitäten Uppsala, Antwerpen, und dem Stroud Water Research Center in den USA in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“.
„Obwohl Binnengewässer nur etwa ein Prozent der Erdoberfläche ausmachen, ist ihr Beitrag im Kohlenstoffkreislauf unverhältnismäßig groß. Dies wurde von KlimaforscherInnen bisher zu wenig beachtet und ist demzufolge auch nicht in den Modellen, auf denen das Kyoto-Protokoll basiert, enthalten“, erklärt Battin.
Dynamische Ökosysteme
Binnengewässer sind dynamische Ökosysteme und können daher terrestrischen Kohlenstoff speichern, aber auch als Treibhausgas in die Atmosphäre freisetzen. Bis vor kurzem wurden Binnengewässer noch ausschließlich als Transportwege von terrestrischem Kohlenstoff zum Meer gesehen. „Dabei sind aber zwanzig Prozent der kontinentalen Kohlenstoffsenke eigentlich in den Sedimenten der Binnengewässer, und nicht wie bis jetzt angenommen, in der terrestrischen Vegetation und Böden zu finden“, sagt Lars Tranvik, Professor an der Universität Uppsala, Schweden.
„Der CO2-Ausstoß von Binnengewässern entspricht mehr als zehn Prozent der jährlichen Emissionen aus fossilen Brennstoffen“, so Anthony Aufdenkampe vom Stroud Water Research Center. Dieser Kohlenstofffluss wurde bis jetzt nicht in der Berechnung der weltweit untersuchten so genannten „missing sinks“ beachtet. Dieser muss somit nach oben revidiert werden.
Neuer Ansatz für den globalen Kohlenstoffkreislauf nötig
Die Wissenschaftler glauben, dass ein neuer Ansatz für den globalen Kohlenstoffkreislauf notwendig ist, der sowohl den Austausch zwischen Wasser und Land als auch jenen zwischen Wasser und Atmosphäre mit einbezieht.
„Das Konzept eines ‚boundless carbon cycle‘, also eines ‚grenzenlosen Kohlenstoffkreislaufs‘, bietet erstmals die Möglichkeit, Binnengewässer und terrestrische Systeme gleichwertig im globalen Kohlenstoffkreislauf der Kontinente zu betrachten. Dieser Ansatz hat weitreichende Konsequenzen für die Klimaforschung und für die Reduktion von Treibhausgasen“, so Battin abschließend.
(idw – Universität Wien, 03.09.2009 – DLO)