Damit geothermische Stromerzeugungsanlagen wirtschaftlich arbeiten können, benötigen sie in der Regel eine Temperatur von über 120°C in den wasserführenden Schichten des Untergrundes. Damit sind sie stark an bestimmte Standorte gebunden. Nun könnte jedoch ein neuartiges Konzept die Einsatzgebiete der Erdwärmenutzung stark erweitern. Denn durch die gleichzeitige Wärmezufuhr aus einer Biogasanlage reichen bereits Wassertemperaturen von knapp über 100°C für eine wirtschaftliche Stromerzeugung aus.
Eine Gemeinde im Oberrheingraben beauftragte Ingenieure, die sowohl mit der Nutzung von Biogas als auch von Erdwärme vertraut sind. Damit bot sich der Ausgangspunkt für die Vereinigung der beiden regenerativen Energieträger in einer innovativen Hybridanlage. In einer Biogasanlage wird in einem Vergärungsprozess Methan mit circa sieben Megawatt (MW)Feuerungswärmeleistung erzeugt und anschließend in Blockheizkraftwerken verbrannt. Die Motoren erzeugen Strom, der ins Netz eingespeist wird. Die hohen Temperaturen aus dem Abgas der Motoren und aus dem Kühlwasser werden über Wärmetauscher in den Kraftwerkskreislauf einer Geothermieanlage eingespeist.
Effiziensteigerung…
Auf diese Weise lässt sich der Kraftwerkskreislauf bei einer Abwärmeleistung der Blockheizkraftwerke von rund 2,4 MW um mehr als 10°C aufheizen. Der Clou: Die Temperatur des geförderten Thermalwassers muss nun nur noch etwa 105°C betragen. Dadurch erhöht sich der Bruttowirkungswirkungsgrad der Stromerzeugung um circa 0,8 Prozentpunkte. Zusätzlich wird – je nach Leistung der Biogasanlage – bis zu 2,4 MW Wärme dem Geothermiekraftprozess zugeführt. So erzeugt die Geothermieanlage bis zu 500 kW mehr Strom, was einer Leistungssteigerung von mehr als zehn Prozent durch die „Hybridisierung“ entspricht.
…und Umweltschutz
Doch neben der Effizienzsteigerung ergeben sich weitere Synergieeffekte: So kann die Abwärme aus den thermischen Stromerzeugungsanlagen als Kraft-Wärme Kopplung den Verbrauchern in der Umgebung zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzungsmöglichkeiten der Wärme sind dabei äußerst vielfältig und reichen von der Raumheizung über die Warmwasserbereitung von Schwimmbädern bis hin zur gewerblichen Nutzung wie in Gewächshäusern. Normalerweise müssen für diese Abnehmer zuverlässige Ersatzsysteme auf konventioneller Basis wie Öl- oder Gasverbrennung bereitgehalten werden. Doch durch die Hybridanlage kann bei Ausfall eines Systems die Wärme entweder aus dem Biogas oder der Geothermie weiter zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise entfällt das fossil befeuerte Zusatzsystem und schont so die Umwelt.
Sollte das Beispielprojekt im Oberrheingraben verwirklicht werden, könnten mit der Stromerzeugung von bis zu 44.000 MWh elektrische Leistung pro Jahr bis zu 28.000 Ein-Personenhaushalte versorgt werden. Dabei lassen sich durch die Substitution von Erdgas in einem Gas- und Dampfturbinenkraftwerk rund 18.000 Tonnen des klimaschädlichen CO2 pro Jahr einsparen.
Regionale Erweiterung der Geothermienutzung zur Stromerzeugung
Durch die einfache Grundidee, eine zweite regenerative Energiequelle mit der Geothermieanlage zu koppeln, lässt sich die Anwendung der Erdwärme zur Stromerzeugung regional weiter ausdehnen. So können nun auch Regionen mit Reservoirtemperaturen von unter 120°C wirtschaftlicher betrieben werden. Dies gilt nicht nur für Teile des als besonders heiß bekannten Oberrheingrabens, sondern auch für andere Regionen in Deutschland. Gerade im Molassebecken, wo in dem tiefen Reservoir des Malmkalks die Temperaturen häufig „nur“ zwischen 80°-120°C betragen, ist das Potenzial der Koppelung der Geothermie an eine andere regenerative Energiequelle wie das Biogas extrem hoch.
(H. Kreuter (GeoThermal Engineering GmbH); B. Kapp (Aufwind Schmack GmbH), 09.02.2007 – AHE)