Mysteröse Zeitlupenvulkane in der Tiefsee: Vor der Küste von Angola haben Forscher mehr als 2.000 Asphaltvulkane entdeckt. Das ist das erste Mal, dass diese bisher kaum erforschten Gebilde auch diesseits des Atlantiks nachgewiesen wurden. Obwohl Asphalt nicht gerade als lebensfreundlich gilt, stießen die Forscher auf eine überraschend große Artenvielfalt auf und bei diesen Formationen.
Ihr Grundgerüst besteht aus Salz, sie spucken Asphalt statt Lava und auf ihren Flanken tummeln sich viele exotische Organismen: Die Asphaltvulkane der Tiefsee gelten als eines der ungewöhnlichsten Ökosysteme der Erde. Entdeckt wurden diese seltsamen Gebilde erstmals im Golf von Mexiko und vor der Küste Kaliforniens. Sie entstehen dort, wo im Meeresgrund sowohl Salz als auch Erdölvorkommen existieren. Mikroben bauen das Erdöl zu Asphalt um und dieses wird wie mit einem Aufzug aus großer Tiefe nach oben transportiert und quillt dann wie in Zeitlupe aus dem Meeresboden.
Vom Asphaltfußball bis zum ausgewachsenen Hügel
Bisher kannte man die noch kaum erforschten Asphaltvulkane nur aus dem Pazifik und dem Westatlantik. Jetzt haben Forscher diese Unterwasserformationen erstmals auch auf unserer Seite des Atlantiks entdeckt: vor der Küste von Angola in Westafrika. Dort führten Daniel Jones vom National Oceanography Centre in Southampton und seine Kollegen gemeinsam mit Forschern von BP Erkundungen des Meeresbodens mit Tauchrobotern und Sonar durch, als sie auf unzählige Asphalthügel stießen.
Die insgesamt 2.254 Asphaltvulkane reichen von winzigen Buckeln von gerade einmal Fußballgröße bis zu hunderte Meter großen Hügeln und bedecken eine Fläche von 3,7 Quadratkilometern. „Die größeren Asphalthügel bilden teilweise auffallend gerade Reihen“, so Jones und seine Kollegen. Proben zeigten, dass der Asphalt in einigen Formationen noch zähflüssig war, in anderen aber bereits erhärtet.
Überraschende Artenvielfalt
Nähere Untersuchungen zeigten einen überraschend große Artenvielfalt an diesen Unterwasserhügeln, wie die Forscher berichten: Zwar waren die meisten kleineren Asphaltvulkane kahl, an den größeren aber fanden sich mehr als 21 verschiedene Arten von Tiefseebewohnern, darunter Weichkorallen, Oktopusse und Fische. Auch Seegurken und die skurrilen Dickkopf-Groppen leben in der Nähe der Erhebungen.
Überraschend ist dies deshalb, weil Asphalt bisher als Lebensraum eher ungeeignet schien. Denn er besteht aus einer schwer verdaulichen Mischung von Gesteinen und Bitumen oder Erdpech – langkettigen Kohlenwasserstoffen mit gebundenem Schwefel, Sauerstoff, Stickstoff und winzigen Spuren von verschiedenen Metallen. Hinzu kommt, dass es in diesen Tiefen kaum Licht gibt. Die Organismen, die die Asphaltvulkane besiedeln, sind daher hoch angepasste Spezialisten. Die Nahrungskette basiert auf Bakterien, die Methan und Schwefelwasserstoff als Energielieferant nutzen und dann selbst als Nahrungsgrundlage für Tiere dienen.
„Der Austritt von Kohlenwasserstoffen kann offensichtlich entlang vieler Ozeanränder der Erde zur Bildung von Asphaltvulkanen führen“, konstatieren die Forscher. Dabei kommen sie offenbar in verschiedenen Variationen, Größen und Kombinationen vor. Während einige inmitten von aktiven Methanquellen liegen, bilden andere getrennte Lebensräume ohne solche zusätzlichen chemischen Ausgasungen. Entsprechend vielfältig ist auch die Lebenswelt an diesen bisher erst in Ansätzen erforschten Formationen der Tiefsee. (Deep Sea Research, 2014; doi: 10.1016/j.dsr.2014.08.010)
(National Oceanography Centre, 10.11.2014 – NPO)