Nahe Zukunft: Schon in den 2040er Jahren wird die globale Erwärmung die Zwei-Grad-Schwelle überschritten haben – selbst bei einem durch Klimaschutz gebremstem Klimawandel, wie eine neue Prognose zeigt. Damit verbunden werden Luftfeuchtigkeit und Hitze auch in unseren Breiten zunehmen, gleichzeitig schwächen sich die Winde ab. Im Amazonasgebiet und Teilen der Arktis wird es hingegen windiger, trockener und die Waldbrandgefahr steigt weiter. In Südasien mehren sich dafür Starkregen.
Inzwischen gibt es kaum noch Chancen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber präindustriellen Werten zu begrenzen. Stattdessen liegt die Erwärmung schon jetzt bei 1,14 Grad und Klimaforscher prognostizieren das Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze schon in den nächsten Jahren. Die Folgen des Klimawandels sind auch bei uns in Europa nicht mehr zu übersehen: Wetterextreme nehmen zu und im Mittelmeerraum mehren sich auch in diesem Jahr wieder Hitze, Trockenheit und Brände.
Was aber bedeutet eine Erwärmung auf zwei Grad konkret – und welche Klimafolgen sind wo zu erwarten? Das haben nun Taejin Park vom Ames Research Center der NASA und seine Kollegen näher untersucht. „Die bei zwei Grad eintretenden Klimaveränderungen und ihre räumliche Heterogenität zu verstehen, ist wichtig, damit Entscheider entsprechende Anpassungen und Maßnahmenpläne vorbereiten können“, erklären sie. Denn nur dann könne man identifizieren, wo und in welchem Maße Leben und Lebensgrundlagen gefährdet seien.
35 Modelle und ein NASA-Supercomputer
Für ihre Prognosen nutzten die Forschenden ein Ensemble von 35 Klimamodellen des Coupled Model Intercomparison Project (CMIP), um die Klimaentwicklung bei mäßigem und ungebremstem Klimawandel vorherzusagen. Durch verschiedene auf einem NASA-Supercomputer durchgeführte statistische Verfahren erhöhten sie die räumliche Auflösung der Modelle von rund 200 mal 200 Kilometer auf 25 mal 25 Kilometer. Die zeitliche Auflösung reichte zudem aus, um über monatliche Mittelwerte hinaus auch Tagesschwankungen widerzuspiegeln. Dies ist besonders wichtig, um extreme Hitzetage oder Starkregenfälle zu erfassen.
Im nächsten Schritt untersuchten die Forschenden die regionalen Veränderungen für sechs wichtige Klimaparameter: Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, lang- und kurzwellige Sonneneinstrahlung, Windgeschwindigkeit und die sogenannte Kühlgrenz- oder Feuchtkugel-Temperatur (Wet-Bulb-Temperature). Letzere spiegelt wider, wie sich die Kombination von Luftfeuchtigkeit und Temperatur auf den menschlichen Körper auswirkt und wo die noch ohne Gesundheitsfolgen aushaltbare Grenze liegt.
Zwei Grad Erwärmung schon in den 2040ern
Das erste Ergebnis: Das Erdklima wird die Schwelle zu zwei Grad Erwärmung voraussichtlich in den 2040er Jahren überschreiten. Ob der Klimawandel gebremst wird oder nicht, spielt dafür fast keine Rolle mehr, wie die Analysen ergaben: Im ersten Fall fällt die Zwei-Grad-Marke im Jahr 2042, im zweiten im Jahr 2044. „Die globalen Lufttemperaturen über Land werden zu diesem Zeitpunkt schon um 2,33 beziehungsweise 2,79 Grad angestiegen sein“, berichten Park und sein Team. Dies gleicht die Pufferwirkung der kühleren Ozeane aus – ohne sie wäre die Zwei-Grad-Schwelle schon früher erreicht.
Die Prognose bestätigt zudem, dass sich einige Regionen – wie schon jetzt beobachtbar – schneller erwärmen werden als der Rest der Welt. Dazu gehören vor allem die Polargebiete. „Insbesondere Grönland, Alaska und Nordasien werden den Prognosen zufolge in den 2040er schon eine Steigerung der Jahresmitteltemperaturen über drei Grad erreicht haben“, berichten die Forschenden. In Südasien, Afrika und dem südlichen Südamerika fällt die Erwärmung dagegen schwächer aus.
Mehr Hitzestress, mehr Sonneneinstrahlung
Dies hat Folgen für die menschliche Gesundheit: Schon in den 2040er Jahren wird die mittlere Feuchtkugel-Temperatur (Wet-Bulb Temperature) um rund zwei Grad angestiegen sein. Das bedeutet, dass die Kombination von Luftfeuchtigkeit und Hitze häufiger und deutlicher die für den Menschen noch erträgliche Grenze erreichen oder überschreiten wird. „Dies gilt besonders stark für das westliche Nordamerika mit 27 zusätzlichen Hitzestresstagen, Ostafrika mit 32 Tagen mehr und die Sahelzone mit 44 zusätzlichen Hitzestresstagen“, berichten die Wissenschaftler. In Australien und Südamerika könnte sich der Hitzestress dagegen leicht verringern.
Auch bei uns in Mitteleuropa werden sich im Sommer Hitze und Luftfeuchte erhöhen – es wird schwüler. Parallel dazu steigen in Europa und den meisten anderen Regionen die kurz- und langwellige Sonneneinstrahlung. Besonders hohe Zunahmen beim kurzwelligen Anteil wird es demnach im Mittelmeerraum, in Nordeuropa und dem Osten Nordamerikas geben. Überdurchschnittliche Verstärkungen der langwelligen Wärmestrahlung prognostizieren die Forscher dagegen für die Arktis und weite Teile Afrikas.
Mehr Regen in Südasien, weniger am Amazonas
Ebenfalls verstärken werden sich die Niederschläge in den meisten Gebieten: Im globalen Schnitt fallen in den 2040er Jahren je nach Szenario 13 bis 20 Millimeter Regen mehr pro Jahr, wie Park und sein Team ermittelt haben. Allerdings gibt es dabei große regionale Unterschiede: In West- und Ostafrika fallen 82 und 52 Millimeter mehr Regen pro Jahr und auch in Südasien erhöht sich die Niederschlagsmenge um 64 Millimeter pro Jahr – ein hoher Anteil dieser Niederschläge könnte dabei als Starkregen fallen.
Weniger Regen gibt es dagegen in vielen jetzt schon trockenen Regionen wie dem Südwesten Nordamerikas, dem Mittelmeerraum und Australien. Dadurch wird auch das Feuerrisiko in diesen Regionen weiter ansteigen, wie das Team berichtet. Besonders drastisch fällt dabei der Rückgang der Niederschläge im Amazonasbecken aus: Dort wird sich die jährliche Niederschlagsmenge in den 2040er Jahren um 98 Millimeter pro Jahr verringern. Parallel dazu sinkt dort auch die relative Luftfeuchtigkeit und die Windgeschwindigkeiten steigen.
Dies bestätigt die akute Gefahr für den Amazonas-Regenwald: „Das Amazonasgebiet wird schwerere Dürren, ein höheres Feuerrisiko und gefährlichen Hitzestress erleben, wenn sich die Erde weiter erwärmt“, berichten die Wissenschaftler. Schon jetzt mehren sich die Anzeichen dafür, dass sich dieses Regenwaldgebiet einem Kipppunkt nähert. Wird er erreicht, könnte sich das Gebiet in eine Savanne verwandeln.
Extreme verstärken sich
„Es ist offensichtlich, dass sich das Ausmaß und die Richtung der Klimaveränderungen je nach Region unterscheidet, dadurch sind auch die Auswirkungen sehr unterschiedlich“, konstatieren Park und seine Kollegen. Gleichzeitig bestätige die Studie, dass die fortschreitende Erwärmung viele jetzt schon existierende Klimarisiken und Klimafolgen weiter verstärken werde. (Earth’s Future, 2023; doi: 10.1029/2022EF003330)
Quelle: NASA