Blue Jeans hinterlassen ihre Spuren nicht nur in der Mode, sondern auch in der Umwelt: Die blau gefärbten Zellulosefasern der beliebten Hosen finden sich selbst in entlegenen Gebieten der Arktis, wie nun eine Studie enthüllt. Bis zu einem Viertel aller in den Proben gefundenen Mikrofasern stammten aus Blue Jeans. Kein Wunder: Bei jedem Waschgang setzen die Jeans rund 56.000 Mikrofasern frei, wie ein Test ergab.
All time favorite: Schon seit den 20er Jahren gibt es sie, die Blue Jeans. Ursprünglich erdacht als Arbeitskleidung für Goldgräber, ist sie heute ein Alltagstextil und in fast jedem Kleiderschrank zu finden. Sie besteht in der Regel aus Baumwollstoff, dem sogenannten Denim, und wird mit Hilfe von synthetisch hergestelltem Indigo blau gefärbt. Durch die Färbung und Bearbeitung werden die Zellulosefasern besonders haltbar und zersetzen sich auch in der Natur nur langsam.
Den Jeans-Fasern auf der Spur
Das weckt die Frage, wie viele dieser Stofffasern in die Umwelt gelangen – beispielsweise über das Abwasser. Denn wie bei anderen Textilen werden durch das Waschen der Blue Jeans Mikrofasern abgerieben. Mit dem Abwasser gelangen diese in Kläranlagen und werden dort zum Teil herausgefiltert. Das jedoch bei weitem nicht alle Mikrofasern dort erwischt werden, machen die neusten Ergebnisse kanadischer Forscher deutlich.
Das Wissenschaftlerteam um Samantha Athey von der University of Toronto untersuchte für ihre Studie Sedimentproben aus dem Lake Ontario und dem Lake Huron – zwei der Großen Seen, sowie aus vier Seen im Randgebiet von Toronto und aus 14 Probenstellen in der kanadischen hohen Arktis. Außerdem entnahmen sie auch Proben aus dem Verdauungstrakt von Regenbogenstinten (Osmerus mordax) aus den beiden Großen Seen.
Mittels spezieller Lichtmikroskope identifizierten die Forscher die blaugefärbten Mikrofasern von Blue Jeans und zählten sie. In ihren Proben unterschieden sie dabei unter anderem zwischen Zellulose aus unbekannten Quellen, synthetischen und mit Indigo gefärbten Denim-Fasern.
Jeans-Mikrofasern überall
Das Ergebnis: In allen Proben wiesen die Wissenschaftler im Mittel zwischen 780 und 2490 Mikrofasern pro Kilogramm getrocknetem Sediment nach. Anzahl und Zusammensetzung der Mikrofasern unterschieden sich jedoch je nach untersuchtem Gewässer erheblich. Die höchste Gesamtzahl an Mikrofasern fanden sie in den stadtnahen Seen und die geringste in den Großen Seen. Von den untersuchten Fischen trugen zwar 65 Prozent Mikrofasern im Verdauungstrakt, aber nur eine dieser Fasern stammte von einer Jeans.
Die Mikrofasern aus der Blue Jeans machten davon rund 12 bis 23 Prozent aus. Am geringsten war ihr Anteil seltsamerweise in den stadtnahen Seen, dann folgte die Arktis mit 20 Prozent Jeans-Mikrofasern und dann die Großen Seen. Wie diese auf den ersten Blick unerwartete Verteilung zustande kommt, wissen auch Athey und seine Kollegen noch nicht. Um die genauen Ursachen dafür bestimmen zu können, müssten die Eintragswege der Fasern weiter untersucht werden.
Neben Abwassereinleitungen ist auch der Schlamm aus Klärwerken eine Eintragsquelle. Er wird auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht und kann bis zu 83 Prozent der in den Klärwerken herausgefilterten Mikrofasern enthalten. Die Forscher vermuten, dass Regen und Wind die Fasern auswäscht und sie so in aquatische Ökosysteme gelangen. Außerdem können sich Mikrofasern auch bei der Textilproduktion selbst oder durch das Tragen und die elektrische Trocknung der Stoffe lösen und in die Umwelt gelangen.
Ein Waschgang setzt bis zu 50.000 Jeans -Mikrofaser frei
Ergänzend zu den Sedimentproben untersuchten die Forscher auch Abwasserproben von Klärwerken, um zu ermitteln wie viel Jeans-Fasern von dort aus in die Umwelt gelangen. Anhand des Anteils an Mikrofasern, den die Forscher dort fanden, schätzten sie, dass die untersuchten Kläranlagen rund eine Milliarde Indigo-Denim-Mikrofasern pro Tag in Gewässer einleiten. Sie ermittelten außerdem, dass pro Waschgang von nur einer einzigen Jeans über 50.000 solcher Mikrofasern freigesetzt werden.
Um die Anzahl von freigesetzten Mikrofasern zu minimieren, eigenen sich laut den Forschern zum Beispiel Waschmaschinenfilter. Außerdem machen sie darauf aufmerksam, dass Jeanshersteller empfehlen, diese nur einmal im Monat zu waschen.
Bisher standen hauptsächlich Fasern aus Mikroplastik im Fokus der Forschung. Die Studie von Athey und ihren Kollegen ist, nach eigenen Angaben, die bisher erste Studie, die zeigt, dass auch die Zellulosefasern der Blue Jeans sich weit auf unserem Planeten verteilt haben. Ob und welche Auswirkungen die Denim-Fasern auf Lebewesen und ihre Ökosysteme haben, ist bisher jedoch unklar. (Environmental Science & Technology Letters, 2020, doi: 10.1021/acs.estlett.0c00498)
Quelle: American Chemical Society