Anschub aus dem All: Der Impakt großer Asteroiden könnte der „Zündfunke“ der frühen Plattentektonik gewesen sein – erst durch sie begann möglicherweise die Kontinentaldrift, wie eine Simulation nahelegt. Demnach reichten die vor rund 3,5 Milliarden Jahren häufigen Einschläge von rund 70 Kilometer großen Asteroiden aus, um regionale Hitzezonen im Erdmantel zu schaffen – und diese setzten dann die Konvektionsströmung und damit den Motor der Plattentektonik in Gang, wie Forscher im Fachmagazin „Geology“ berichten.
Ob Gebirge, Vulkane oder die Verteilung von Land und Meer – erst die Plattentektonik macht die Erde zu dem Planeten, der er heute ist. Doch wann die Drift der Kontinente begann und wodurch, ist strittig. So sprechen Einschlüsse in Diamanten für einen Start vor drei Milliarden Jahren, Titan-Isotope in altem Schiefergestein jedoch für 3,5 Milliarden Jahre. Als mögliche Auslöser der Plattentektonik diskutieren Forscher frühe Mantelplumes, aber auch sich akkumulierende Schäden im Gestein.
Frühes Bombardement
Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit: Möglicherweise lag der Auslöser gar nicht im Erdinneren, sondern kam von außen. „Wir neigen dazu, die Erde als isoliertes System zu betrachten, in dem nur interne Prozesse zählen“, sagt Craig O’Neill von der Macquarie University in Sydney. „Aber inzwischen sehen wir immer mehr, dass auch die Dynamik des Sonnensystems beeinflusst, wie sich die Erde verhält.“
Konkret vermuten O’Neill und sein Team, dass die frühe Asteroideneinschläge die Plattentektonik der Urerde in Gang gebracht haben könnten. Tatsächlich durchlebte unser Planet in seinen ersten rund eineinhalb Milliarden Jahren eine Phase starken Bombardements durch bei der Planetenbildung übriggebliebene Brocken – davon zeugen Relikte solcher Impaktereignisse in altem Gestein unter anderem in Kanada, Australien und Südafrika.
Einschlag als „Zündfunke“ der Mantelkonvektion?
Doch wie kann ein Einschlag die Bewegung der gesamten Erdkruste beeinflussen? „Modellstudien der frühen Erde sprechen dafür, dass Einschläge von mehr als 300 Kilometer Größe eine signifikante thermische Anomalie im Erdmantel verursachen können“, erklärt O‘ Neill. Durch diese regionalen Hitzeschübe verändert sich die Dichte des Gesteins und damit auch sein Auftrieb im zähflüssigen Erdmantel.
Als Folge könnte im Erdmantel der Urerde eine erste Konvektionsströmung in Gang gekommen sein und damit die langsame, stetige Strömung, die die Kontinentaldrift bis heute antreibt. Das Problem jedoch: Riesenbrocken von mehr als 300 Kilometern Durchmesser trafen die Erde wahrscheinlich nur kurz nach der Entstehung des Mondes, wie die Forscher erklären. Vor rund 3,5 Milliarden Jahren waren dagegen Brocken von „weniger als 100 Kilometern eher die Regel.
Schon 70-Kilometer-Brocken reichen aus
Die große Frage ist daher: Würden auch Einschläge solcher mittelgroßer Brocken ausreichen, um die Strömung im Erdmantel in Gang zu bringen? Um das herauszufinden, führten O’Neill und sein Team geophysikalische Simulationen durch, in denen sie den thermischen Effekt verschieden großer Asteroidentreffer auf den frühen Erdmantel rekonstruierten.
Und tatsächlich: „Wir demonstrieren, dass rund 70 Kilometer große Impaktoren dazu fähig sind, eine kurzlebige Subduktion auszulösen“, berichten die Forscher. Wären damals Erdkruste und Mantel überall gleich dick gewesen, wäre diese Strömung allerdings schnell wieder zum Erliegen gekommen. Doch wie die Simulation ergab, war dies vor rund 3,5 Milliarden Jahren nicht mehr der Fall: Damals begannen sich schon die ersten Wurzeln der späteren Kontinente zu bilden – und dies sorgte für dünnere und dickere Mantelbereiche, wie O’Neill und seine Kollegen erklären.
Dickegradienten im frühen Erdmantel entscheidend
Wie die Simulationen zeigen, könnten genau diese Dickeunterschiede entscheidend dazu beigetragen haben, den einmal durch einen Einschlag angestoßenen Konvektionsprozess aufrechtzuerhalten. Weil an solchen Stellen bereits erste Dichteunterschiede im Erdmantel existierten, konnte die Hitze des Einschlags dort eine dauerhafte Strömung auslösen, so die Forscher.
„Unsere Arbeit zeigt, dass es eine physikalische Verknüpfung zwischen der Impaktgeschichte und der tektonischen Reaktion gab – und dies ungefähr zu der Zeit, als die Plattentektonik begonnen haben soll“, sagt O’Neill. „Die Prozesse, die heute nur noch eine geringe Rolle spielen – Einschläge in geringerem Maße Vulkanismus – waren auf der frühen Erde noch aktive Treiber der Tektonik.“ (Geology, 2019; doi: 10.1130/G46533.1)
Quelle: The Geological Society of America