Feuriger Düngeeffekt: Die schweren Brände in Australien hatten selbst tausende Kilometer entfernt noch beispiellose Folgen. Denn die über den Südozean getragenen Aerosole der Buschfeuer düngten das Meer und lösten eine riesige Algenblüte aus – auf einer Fläche größer als ganz Australien. Das Phytoplankton nahm dort durch die Photosynthese fast so viel Kohlenstoff in Form von CO2 auf, wie die australischen Brände freisetzten, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Dass es in Australien während der heißen Sommermonate zu Buschfeuern kommt, ist nicht ungewöhnlich. Doch im Sommer 2019/2020 erreichten die Brände ein dramatisches Ausmaß: Millionen Hektar Wald und Buschland wurden zerstört, fast drei Milliarden Tiere starben oder wurden von Flammen vertrieben. Der bis in die Stratosphäre aufsteigende Rauch setzte laut jüngsten Berechnungen 715 Millionen Tonnen CO2 frei – fast 200 Millionen Tonnen mehr als Australien im Jahr 2018 an anthropogenen Emissionen produzierte.
Auf der Spur der Feuer-Aerosole
Wie weit die Auswirkungen dieser Buschbrände reichten, demonstriert nun die Studie eines Forschungsteams um Weiyi Tang von der Duke University. Sie sind der Spur des Rauchs gefolgt, der vom Wind tausende Kilometer weit aufs Meer hinaus geweht wurde. Schon länger ist bekannt, dass Feueremissionen neben Ruß und Gasen auch viele Spurenelemente enthalten, darunter auch wichtige Pflanzennährstoffe wie Eisen.
In vielen Meeresgebieten der Südhalbkugel sind solche Nährstoffe jedoch knapp. Vor allem der Mangel an Eisen limitiert daher das Algenwachstum in den kühlen, nährstoffarmen Meeresgebieten des südlichen Pazifiks und Südozeans. „Schon früher gab es jedoch die Hypothese, dass das Absinken von Feuer-Aerosolen über dem Meer diesen Nährstoff-Mangel ausgleichen könnte – aber es fehlte bislang an direkten Beobachtungsdaten dazu“, erklären die Forscher.
Schwebstoff-Eintrag noch tausende Kilometer entfernt
Deshalb nutzten Tang und sein Team die Chance, diesen pyrogenen Dünge-Effekt am Beispiel der australischen Brände im Sommer 2019/2020 näher zu untersuchen. Dafür ermittelten sie zunächst mittels Satellitendaten, wohin die ruß- und eisenhaltigen Feuer-Aerosole vom Wind getragen wurden und wie stark sich dadurch der Schwebstoffeintrag über dem Südozean und Südpazifik erhöhte. Ergänzend werteten sie Daten zur Phytoplanktondichte in diesen Meeresgebieten aus.
Das Ergebnis: Innerhalb weniger Tage verteilte der vorherrschende Wind die Rauchfahnen der Brände tausende Kilometer weit in südöstliche Richtung. In zwei Meeresgebieten unmittelbar südlich und südöstlich von Australien erreichten die Ruß- und Aerosolkonzentrationen dadurch historisch beispiellos hohe Werte, wie die Forschenden berichten. Die Rußkonzentrationen lagen dort um mindestens 300 Prozent über den klimatologischen Normalwerten.
Beispiellose Algenblüte
Das hatte Folgen: In diesen Meeresgebieten entwickelte sich eine ungewöhnlich starke Algenblüte, die im Oktober 2019 begann und dann über vier Monate lang anhielt. „Die Fläche, auf der die Chlorophyllkonzentrationen weit über dem historischen Monatsmaximum lagen, war mehr als zehn Billionen Quadratmeter groß und übertraf damit die Fläche Australiens“, schreibt das Team. „Das Ausmaß dieser von den australischen Bränden ausgelöste Phytoplanktonblüte ist beispiellos.“
Interessant auch: „Das Überraschende daran ist, dass sich dieser Phytoplankton-Zuwachs zu einer Zeit im australischen Sommer ereignete, in der es normalerweise eine saisonale Abnahme des Chlorophylls in diesen Meeresgebieten gibt“, berichten Tang und seine Kollegen. Denn zu dieser Zeit sei der Eisenvorrat in den oberen Wasserschichten des Südozeans meist schon von den Algen aufgebraucht.
Nach Ansicht der Forscher liefern diese Beobachtungen starke Belege dafür, dass große Brände und ihr Rauch auch die Meeresumwelt nachhaltig beeinflussen können. Die pyrogenen Aerosole transportieren Nährstoffe und vor allem Eisen über die Ozeane und wirken dort als Eisendünger. Das wiederum beeinflusst die Primärproduktion durch das Phytoplankton und damit letztlich die Basis der lokalen marinen Nahrungsketten.
Erhöhte CO2-Aufnahme
Die vom Feuer angeheizten Algenblüten haben aber auch einen direkten Klimaeffekt: Der Ozean nimmt durch diese pyrogenen Algenblüten mehr CO2 aus der Luft auf als normalerweise der Fall und bindet den Kohlenstoff in den pflanzlichen Geweben. Nach den Berechnungen von Tang und seinem Team könnten die Buschfeuer allein durch diesen Effekt zu einer zusätzlichen Aufnahme von rund 186 Millionen Tonnen Kohlenstoff in Form von CO2 geführt haben.
„Das entspricht rund 95 Prozent der Kohlenstoffemissionen, die von den Buschbränden des Sommers 2019/2020 freigesetzt wurden“, berichten Tang und sein Team. Allerdings ist unklar, wie viel von dem aufgenommenen Kohlenstoff bis in tiefere Meeresschichten gelangt ist und so dem Kohlenstoffkreislauf längerfristig entzogen wurde. „Es kann sein, dass die CO2-Sequestrierung nur kurzlebig war“, betonen die Forscher.
Unterschätzte Klimafolge
Angesichts des Klimawandels sehen die Forscher in ihren Ergebnissen einen wichtigen Hinweis auf bisher unterschätzte Folgen der steigenden Waldbrandgefahr. Denn die in vielen Regionen zunehmende Trockenheit und Hitze hat schon jetzt die Häufigkeit und Intensität von Bränden deutlich erhöht. Zudem ereignen sich ausgedehnte Feuer inzwischen auch in Gebieten, die zuvor nur selten von Bränden betroffen waren wie die arktische Tundra.
Bei Feuern in Küstennähe kann dieser Trend zu mehr Bränden weitreichende Folgen auch für Meere haben. „Diese Brände zeigen uns eine unerwartete und zuvor unterschätzte Auswirkung des Klimawandels auf die marine Umwelt – mit potenziellen Rückkopplungen auch zu unserem globalen Klima“, sagt Tang. (Nature, 2021; doi: 10.1038/s41586-021-03805-8)
Quelle: Duke University