Feuriger Teufelskreis: Der Klimaeffekt von Waldbränden ist größer als angenommen – und könnte das Feuerrisiko noch weiter anheizen. Denn wie Messungen enthüllen, absorbiert nicht nur der schwarze Ruß die Sonnenstrahlung. Auch die weit häufigeren organischen „Teerbälle“ schlucken das Sonnenlicht und heizen dadurch die Atmosphäre auf. Weil dieser Klimaeffekt der Rauch-Aerosole bisher nicht in Klimamodellen auftaucht, könnte die wahre Treibhauswirkung von Waldbränden bisher unterschätzt worden sein, wie Forschende in „Nature Geoscience“ berichten.
Ob in Kalifornien, in Kanada oder rund ums Mittelmeer: Jedes Jahr gehen riesige Waldgebiete in Flammen auf, selbst in der arktischen Tundra schwelt es immer häufiger. Eine Ursache für diese Zunahme der Brände sind der Klimawandel und die mit ihm verbundenen Wetterextreme: Hitzewellen und Dürre machen Wälder anfälliger für Feuer und erleichtern auch ihre Ausbreitung. Umgekehrt hat der Rauch großer Brände auch Auswirkungen auf die Atmosphäre: Er schadet der Ozonschicht, kann den El-Niño-Zyklus verändern und das Wetter beeinflussen.
Wie wirkt Rauch auf das Klima?
Wie aber sieht es mit dem Klima-Effekt größerer Brände aus? Klar ist, dass das Feuer große Mengen an klimawirksamen Gasen wie Kohlendioxid freisetzt und damit direkt zum Treibhauseffekt beiträgt. Aber auch die Schwebteilchen im Rauch können – je nach Eigenschaften und der Farbe der Rauchpartikel – auf das Klima wirken. Helle Schwebteilchen reflektieren den größten Teil des auftreffenden Sonnenlichts und wirken eher kühlend. Dunkle, stark absorbierende Teilchen tragen dagegen zum Treibhaus-Effekt bei und heizen die Atmosphäre auf.
Als besonders klimawirksam galt bisher der schwarze Ruß, der meist weniger als drei Prozent der gesamten Rauchemission ausmacht. Der Rest der Aerosol-Partikel besteht aus organischen Kohlenstoffverbindungen, die heller sind als Ruß und durch photochemische Prozesse zudem schnell zersetzt werden. Deshalb galten sie eher harmlos. „Der Erwärmungsbeitrag durch lichtabsorbierende organische Aerosole im Rauch wurde ignoriert oder als vernachlässigbar angesehen“, erklären Rajan Chakrabarty von der Washington University in St. Louis und seine Kollegen.
Flug übers Feuer
Doch sind diese bräunlich-beigen Rauchbestandteile wirklich so klimatisch neutral? Das haben die Forschenden nun vor Ort überprüft – in der Luft direkt über drei größeren Waldbränden, die 2019 im Westen der USA aufgetreten sind. Dafür flog das Team mit einem Messflugzeug jeweils mehrfach in unterschiedlichen Höhen durch die Rauchwolken der Brände. Messinstrumente an Bord, darunter Spektrometer und Photometer, zeichneten dabei Zusammensetzung, optische Merkmale und Strahlungsabsorption der Aerosole auf.
Dabei zeigte sich: Der im Rauch enthaltene Ruß kann nur einen kleinen Teil der gesamten Strahlungsabsorption der Rauchwolken erklären. Im Wellenlängenbereich zwischen 405 und 664 Nanometer war der Ruß je nach Brand für 14 bis maximal 5 Prozent der gesamten Strahlungsabsorption verantwortlich. „Nicht-Ruß Partikel im Rauch trugen hingegen drei Viertel der Absorption im blauen und die Hälfte im roten Wellenlängenbereich bei“, berichten Chakrabarty und sein Team.
„Teerbälle“ mit Treibhauswirkung
Dies widerlegt die Annahme, nach der nur der schwarze Ruß im Feuerrauch einen Treibhauseffekt hat, der hellere organische Rest der Aerosole aber neutral ist. „Dieses zweigeteilte Bild stimmt nicht. Stattdessen sehen wir ein ganzes Kontinuum, in dem auch der organische, braune Kohlenstoff das Sonnenlicht stark absorbiert“, berichtet Chakrabarty. Dadurch tragen nicht nur die Rußpartikel im Rauch, sondern auch andere Aerosolelokal zur Erwärmung der Atmosphäre und damit zum Treibhaus-Effekt bei.
Nähere Analysen enthüllten, welche organischen Partikel im Feuerrauch für diese überraschend starke Treibhauswirkung verantwortlich sind. Demnach handelt es sich dabei um sogenannte „Teerbälle“ – 140 bis 200 Nanometer kleine Tröpfchen aus zähflüssigen organischen Verbindungen. „Sie entstehen wahrscheinlich ähnlich wie der Ruß in den besonders heißen Zonen nahe der vorderen Front der Brände“, erklärt Chakrabarty.
Stabil auch gegen photochemischen Abbau
Die im Rauch enthaltenen Teerbälle sind zwar heller als Ruß, haben aber ähnliche optische Eigenschaften: Sie absorbieren Sonnenlicht über das gesamte Spektrum vom ultravioletten bis zum infraroten Bereich, wie Messungen ergaben. Einzeln betrachtet haben die Teerbälle zwar eine etwas geringere Strahlungsabsorption als der schwarze Ruß, dafür sind sie im Rauch der Brände aber viermal häufiger vertreten – entsprechend groß ist ihr Beitrag zum Treibhauseffekt.
Überraschend auch: Anders als bisher angenommen werden diese Rauchpartikel kaum durch photochemische Reaktionen zersetzt. „Die Teerbälle können dem photochemischen Bleichen in der Atmosphäre über längere Zeit widerstehen“, berichtet das Team. Dazu kommt, dass Reaktionen der Raumpartikel mit Stickoxid-Radikalen in der Luft sie sogar noch dunkler und lichtabsorbierender machen.
Klimamodelle müssen korrigiert werden
Nach Ansicht der Forschenden widerlegen ihre Funde die gängigen Ansichten zum Klimaeffekt von Feuerrauch – und erfordern eine Anpassung der Modelle. Denn Waldbrände könnten durch den bisher übersehen Effekt der „Teerbälle“ deutlich mehr zum Treibhauseffekt beitragen als gedacht. „Unsere Ergebnisse kommen zu einem passenden Zeitpunkt, wenn man bedenkt, dass die Aerosol-Emissionen von Waldbränden im Westen Nordamerikas und anderswo in der Welt zunehmen“, schreiben Chakrabarty und seine Kollegen.
Ohne eine Anpassung und Überprüfung der Klimamodelle bestehe das Risiko, dass die Auswirkungen dieser Brände auf das Klima deutlich unterschätzt würden, so die Forschenden. Gleichzeitig unterstreicht ihre Studie, dass Brände und Klimawandel einen sich gegenseitig verstärkenden Teufelskreis bilden. (Nature Geoscience, 2023; doi: 10.1038/s41561-023-01237-9)
Quelle: Washington University in St. Louis