Paläontologie

Braunbär löst Eiszeiträtsel

Fossilfund belegt Südwanderung früher als angenommen

26.000 Jahre alte fossile Bärenknochen © Paul Matheus

26.000 Jahre alte fossile Bärenknochen haben dazu beigetragen, die Entwicklungs- und Wanderungsgeschichte des amerikanischen Braunbären umzuschreiben. Bären sind zwar bereits vor 50.000 bis 100.000 Jahren über die zugefrorene Beringstraße von Asien aus auf den amerikanischen Kontinent eingewandert, doch bisher nahmen Forscher an, dass Gletscher den Weiterzug nach Süden bis vor rund 13.000 Jahren blockiert haben. Das Bärenfossil widerlegt dies.

Paul Matheus, Paläontologe entdeckte die Braunbärenknochen vor rund zwei Jahren in den Beständen des Provincial Museum von Alberta. Sie waren wenige Jahre zuvor in Kiesschichten nahe der kanadischen Stadt Edmonton gefunden worden, die aus der Zeit vor der letzten Eiszeit stammen und damit älter als 24.000 Jahre sind. Mithilfe der Radiokarbonmethode datierte Matheus die Knochen und stellte ein Alter von rund 26.000 Jahren fest – eine Zeit, in der es nach bisherigen Annahmen im südlichen Kanada noch gar keinen Braunbären gegeben haben konnte.

Gletscherbarriere hemmt Südwanderung

Die Urahnen der heutigen Braunbären sind wahrscheinlich vor rund 50.000 bis 100.000 Jahren aus Asien nach Alaska und Yukon, dem damaligen Beringia eingewandert. Zahlreiche Skelettfunde zeugen davon. Der Durchgang nach Süden war zu dieser Zeit noch frei, wurde aber vor rund 23.000 Jahren von Kontinentalgletscher blockiert. Forscher gingen bisher davon aus, dass die Braunbären in Südkanada und dem Gebiet der heutigen USA Braunbärfossilien erst vor rund 12.000 bis 13.000 Jahren auftauchen.

“Es war schon immer ein Rätsel, warum die Braunbären nicht weiter nach Süden wanderten, wenn sie wirklich schon vor rund 100.000 Jahren in Beringia ankamen, denn der Weg nach Süden wurde erst vor 23.000 Jahren versperrt“, erklärt Matheus. „Die Entdeckung des Edmonton-Fossils zeigt nun, dass die Braunbären erheblich früher nach Süden zogen als bisher angenommen.“ Die neuen Funde und ihre Folgen werden in einem Artikel in der Zeitschrift Science beschrieben.

Verwandtschaft mit südlicher Population

Um die Bedeutung des Fundes zu belegen, brauchte Matheus jedoch noch Informationen über die genetische Identität des Fossils. Daher beteiligten sie Wissenschaftlerkollegen der britischen Oxford Universität und des deutschen Max-Plack-Instituts, die die mitochondriale DNA des Fossils sequenzierten und damit den Bären eindeutig einer der Populationen der vorzeitlichen aber auch der modernen Braunbären zuordnen konnten.

„Bisher hatten Wissenschaftler Schwierigkeiten, die Herkunft der modernen Braunbären im südlichen Teil von Alberta, British Columbia, Montana und Idaho zu erklären“, erklärt Matheus. „Diese Bären gehören zu einer genetischen Population, die seit mehr als 35.000 Jahren in Nordamerika als ausgestorben gilt.“ Und, so ergänzt der Forscher, deren genetischer Typ folglich auch nach dem Gletscherrückzug vor rund 13.000 Jahren auch in Beringia nicht mehr existierte.

Das Alter und die genetische Identität des Bärenfossils bedeutet, dass die Braunbären es schon weit vor dem Ende der Eiszeit nicht nur erheblichweiter nach Süden schafften als bisher angenommen, sondern auch, dass die Bären in der Region um Edmonton vor rund 26.000 Jahren sehr nahe Verwandte der heutigen südlichen Bärenpopulation waren.

“Es ist wie das Finden eines fehlenden Puzzlestücks oder das sprichwörtliche Missing link”, so Matheus. „Ihre Vorfahren müssen während der letzten Eiszeit vor rund 23.000 bis 13.000 Jahren südlich der Gletscherbarriere festgesessen haben, denn Edmonton war zu dieser Zeit mit Eis bedeckt. Für die Geschichte der Braunbären in Nordamerika bedeutet dies eine völlige Verschiebung der bisherigen Ideen.“

(University of Alaska, Fairbanks, 15.11.2004 – NPO)

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