Geowissen

Campi Flegrei: Droht ein Ausbruch des Supervulkans?

Untergrundbewegungen deuten auf Gasaufstieg und zunehmende Krustenbrüche hin

CAmpi Flegrei Gasaustritte
Der Supervulkan unter den Phlegräischen Feldern bei Neapel ist noch aktiv, wie diese Gasaustritte belegen. Doch wie groß ist das Risiko einer Eruption? © j-wildman/ Getty images

Potenzielle Warnzeichen: Der größte aktive Supervulkan in Europa könnte auf einen Ausbruch zusteuern, wie Vulkanologen berichten. Sie haben im Untergrund der Phlegräischen Felder bei Neapel Bewegungsmuster detektiert, die auf aufsteigendes Gas und zunehmende Brüche in der Kruste hindeuten. Diese Schwächung des Gesteins könnte das Aufsteigen von Magma aus tieferen Zonen erleichtern. Ob es jedoch tatsächlich zu einer baldigen Eruption der Campi Flegrei kommt oder ob sich der Vulkan wieder beruhigt, ist noch offen.

Unter den Campi Flegrei bei Neapel liegt der größte aktive Supervulkan Europas. Als dieses Vulkangebiet vor knapp 40.000 Jahren ausbrach, überzog dies halb Europa mit Asche und Rauch und auch später kam es immer wieder zu Eruptionen. Der bisher letzte, eher kleine Ausbruch ereignete sich im Jahr 1538. Seither sind die phlegräischen Felder zwar ruhiger, aber keineswegs inaktiv, wie Gasaustritte, heiße Quellen und zehntausende vulkanische Beben belegen.

Caldera der CAmpi Flegrei
Ungefähre Größe und Lage der Caldera des Supervulkans unter den Campi Flegrei bei Neapel. © NASA/ Jesse Allen, Robert Simmon

Verborgene Gefahr

Doch wie hoch ist das Risiko für einen neuen Ausbruch? Diese Frage beschäftigt Vulkanologen schon seit Jahrzehnten. Denn seit den 1950er Jahren hat sich die Aktivität dieses Supervulkans wieder verstärkt: Gasdruck und Temperaturen im Untergrund steigen, die Magmazusammensetzung verändert sich und der Untergrund hat sich mehrfach angehoben – unter dem kleinen Küstenort Pozzuoli um rund vier Meter, wie Christopher Kilburn vom University College London und seine Kollegen berichten.

Sollte der Supervulkan unter den Campi Flegrei ausbrechen, wären die Folgen dramatisch – es leben mehr als 360.000 Menschen direkt auf seiner zwölf bis 15 Kilometer großen Caldera. Bisher sammelt sich das heiße schmelzflüssige Magma des Vulkans in rund acht Kilometer Tiefe und unterhalb von zwei undurchlässigeren Schichten, eine davon in rund 2,5 Kilometer Tiefe. Vom Magmareservoir steigen zwar vulkanische Gase und hydrothermale Flüssigkeiten auf, aber noch kein Magma. Umso wichtiger ist es, mehr Einblick in die Vorgänge unter der Oberfläche zu gewinnen.

Gestein bricht, statt elastisch nachzugeben

Kilburn und sein Team haben dafür ein von ihnen entwickeltes Modell eingesetzt, das die Reaktion des Krustengesteins auf Druck durch Gas oder vulkanische Flüssigkeiten aufzeigt. Damit analysierten die Forschenden insbesondere die seit 1950 stattgefundenen Phasen der Untergrundhebung. „Es ist das erste Mal, dass wir unser Modell quasi in Echtzeit auf einen Vulkan angewendet haben“, sagt Kilburn. „Und es ist die erste Studie, die Brüche bei einem aktiven Vulkan vorhersagt.“

Es zeigte sich: Das Muster der Untergrund-Hebungen und der begleitenden seismischen Erschütterungen in den Campi Flegrei hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Während das Untergrundgestein bis vor rund 40 Jahren noch elastisch auf Druck von unten reagierte, verhält sich das Gestein seit 2020 zunehmend inelastisch – es bricht, statt sich nur zu verformen. „Ein solches inelastisches Verhalten ist ein Vorbote für weitere Brüche“, schreibt das Team.

Untergrundstruktur
Untergrundstruktur unter den Campi Flegrei: Eine undurchlässigere Schicht (grau) in 2,5 bis 3 Kilometer Tiefe behindert den Aufstieg von Gasen und Magma. Vulkanische Erdbeben (rote und grüne Punkte) sprechend aber dafür, dass die Deckschichten zunehmend brechen. © Kilburn et al./ Communications Earth & Environment, CC-by 4.0

Druck wird höher, der Krustendeckel schwächer

Die Modellierung legt zudem nahe, dass unter der Caldera des Supervulkans vermehrt vulkanische Gase aufsteigen. In rund drei Kilometer Tiefe sammelt sich dadurch immer mehr Gas unter der undurchlässigeren Gesteinsschicht. Der zunehmende Druck hat dazu geführt, dass das Vulkangas nun nicht mehr allmählich durch dieses dichtere Gestein diffundiert, sondern zunehmend Risse und Brüche in dieser Krustenschicht verursacht.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass dadurch Teile des Vulkans schwächer werden“, erklärt Seniorautorin Nicola Alessandro Pino vom Vesuv-Vulkanobservatorium. Nach Berechnungen des Teams ist die Kruste über dem Vulkan dadurch heute rund ein Drittel schwächer als noch 1984. Verglichen mit den früheren Phasen der Hebung und Unruhe wird es daher für Magma heute leichter sein, sich einen Weg zur Oberfläche zu bahnen“, berichten die Vulkanologen.

Drei mögliche Szenarien

Was aber bedeutet dies für das Ausbruchsrisiko der Phlegräischen Felder? „Unsere Studie bestätigt, dass die Campi Flegrei sich weiter auf ein Aufreißen der Kruste zubewegt haben“, sagt Kilburn. „Allerdings bedeutet dies nicht automatisch, dass dann auch eine Eruption erfolgt. Denn auch wenn ein solcher Bruch die Kruste öffnet, muss das Magma für einen Ausbruch an der richtigen Stelle nach oben gedrückt werden.“ Wie groß das Risiko dafür ist, muss nun weiter untersucht werden.

Nach Ansicht der Forschenden sind drei Szenarien denkbar: Zum einen könnte der Druck im Untergrund wieder nachlassen, so dass es trotz dieser Schwächung nicht zu einem größeren Krustenbruch kommt. Zum zweiten könnten die frisch aufbrechenden Risse im Untergrund durch geochemische Prozesse schnell genug wieder verstopfen, um eine Art Gleichgewicht zu erzeugen. „Dann könnten die Campi Flegrei in eine neue Routine des sanften Hebens und Senkens übergehen“, sagt Koautor Stefano Carlino vom Vesuv-Observatorium.

Als drittes Szenario könnten Hebung und Rissbildung so weitfortschreiten, dass die Kruste über dem Vulkan vollständig bricht. Dann käme es zu einer Eruption, die im schlimmsten Fall von heftigen phreatomagmatischen Explosionen begleitet wäre. Als wahrscheinlichsten Ort dafür sehen die Vulkanologen das oberflächennahe Spaltensystem nahe Sofatara-Pisciarelli. „Aber noch können wir nicht sicher sagen, was passieren wird“, betont Carlino. „Es ist daher wichtig, auf alle Szenarien vorbereitet zu sein.“ (Communications Earth & Environment, 2023; doi: 10.1038/s43247-023-00842-1)

Quelle: University College London

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