Archäologie

China: Frühmensch-Genom entschlüsselt

Verwandtschaftsbeziehungen anhand von 40.000 Jahre alter DNA

Das Bein des frühen modernen Menschen aus der Tianyuan-Höhle wurde sowohl für genetische Analysen als auch zur Kohlenstoffdatierung herangezogen. © MPI für evolutionäre Anthropologie

Obwohl Vorfahren des modernen Menschen vor rund 40.000 Jahren in enger Nachbarschaft mit Neandertaler in Asien lebten, waren sie ihnen genetisch nicht ähnlicher als wir heute. Das zeigt die Analyse von Erbgut aus Gebeinen eines frühen Homo sapiens durch ein deutsch-chinesisches Forscherteam. Die fossile DNA lieferte zudem Hinweise darauf, woher die ersten asiatischen Einwanderer nach Nordamerika stammten.

Etwa 200.000 bis 300.000 Jahre ist es her, dass aus einer Zwischenstufe der menschlichen Evolution – dem Homo erectus (lateinisch für aufrecht) – zwei sich parallel entwickelnde Menschenarten entstanden: der Neandertaler sowie Vorfahre des modernen Menschen, Homo sapiens. Während der Neandertaler zunächst hauptsächlich in weiten Teilen Europas verbreitet war, lebten die Vorfahren des heutigen Menschen in Afrika, bis auch sie sich nach Europa und Asien ausbreiteten. Beide Arten, die somit nicht, wie früher angenommen, auseinander hervorgingen, teilten von nun an den Lebensraum, doch nicht das Schicksal: Der Neandertaler starb vor etwa 30.000 Jahren aus, während sich der Homo sapiens weiter zum heutigen Menschen entwickelte.

Erste fossile Funde eines dem heutigen Menschen anatomisch ähnlichen Vorfahren stammen aus der Zeit 40.000 bis 50.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung und konnten bisher sowohl in Asien als auch Europa nachgewiesen werden. Auch die in der 2001 zufällig entdeckten Tianyuan-Höhle bei Peking gefundenen Gebeine stammen aus dieser Zeit und ähneln den unseren bereits deutlich. Unklar blieb jedoch, wie sehr diese Frühmenschen uns auch in ihrer genetischen Ausstattung glichen – oder ob sie möglicherweise noch mehr Gene anderen Menschenarten in sich trugen als wir heute.

DNA gibt Aufschluss über Wanderschaft der Vorfahren

Genetische Vergleiche zwischen heutigen Populationen und den fossilen Funden seien noch keine angestellt worden, so die Wissenschaftler vom Max-Planck Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“. Um dies nachzuholen, untersuchten Qiaomei Fu und Matthias Meyer nun die Oberschenkel- und Schienenbeinknochen des Tianyuan-Skelettes.

Die Paläontologen isolierten dabei das Erbgut sowohl aus den Mitochondrien, wie auch aus den Zellkernen der fossilen Knochen und analysierten es mit Hilfe eines von ihnen neu entwickelten Verfahrens.Diese macht es möglich, Erbmaterial aus einem archäologischen Fund selbst dann zu identifizieren, wenn die Probe durch große Mengen fremder DNA, beispielsweise von Bodenbakterien, verunreinigt ist. Aus der DNA konstruierten sie schließlich ein genetisches Profil des Tianyuan-Menschen, welches sie mit Genprofilen heutiger Menschen verglichen.Das Ergebnis: Der Mensch aus der Höhle bei Peking hatte genetisch offenbar bereits ebenso wenig mit dem zur selben Zeit lebenden Neandertaler oder anderen frühmenschlichen Arten gemein wie wir heute.

Gemeinsame Vorfahren: Ureinwohner Amerikas und Asiens

Die Genanalyse liefert auch einen Einblick in die frühen Wanderungsbewegungen unserer Vorfahren. „Die Menschen, die vor 40.000 Jahren in der Nähe des heutigen Peking lebten, waren eng verwandt mit den Vorfahren sowohl vieler heutigen Asiaten als auch der amerikanischen Ureinwohner“, berichten die Forscher. Bisher war zwar schon bekannt, dass Nordameirka vor rund 15.00 Jahren von Einwanderern aus Asien besiedelt wurde. Die Tianyuan-Menschen geben nun einen weiteren Hinweis darauf, woher diese Einwanderer ursprünglich stammten.

Bei der Studie handelt es sich bisher nur um die Untersuchung eines einzelnen Skelettes, doch Svante Pääbo ist überzeugt: „Die Untersuchung weiterer Skelette früher Menschen aus Eurasien wird unser Verständnis davon, wie sich moderne Menschen über Europa und Asien hinweg ausgebreitet haben, noch verfeinern“.

(Proceedings of the National Academy of Sciences, 22.01.2013 – NPO)

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