Versteinern statt freisetzen: Das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) könnte künftig sicherer im Untergrund gespeichert werden – indem man es in Wasser löst und in poröses Basaltgestein pumpt. Denn wie ein Pilotversuch auf Island zeigt, reagiert das CO2 dann überraschend schnell mit Spurenelementen und wird zu festem Karbonatgestein. Solcherart mineralisiert ist das CO2 damit dauerhaft aus dem Verkehr gezogen, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.
Angesichts der zögerlichen Fortschritte im weltweiten Klimaschutz plädieren immer mehr Forscher dafür, das Treibhausgas CO2 auch durch technische Lösungen zu binden und zu speichern. Beim Carbon Capture and Storage (CCS) beispielsweise wird das CO2 aus Abgasen oder der Luft abgetrennt und anschließend in ausgediente Gas- oder Erdöllagerstätten oder andere unterirdischen Hohlräumen gepumpt.
Mineralisation statt Gasspeicherung?
Wie sicher solche unterirdischen Gasspeicher aber sind, ist bisher unklar. Während einige Studien Hinweise auf Lecks, Risse und sogar ein Auslösen von Erdbeben fanden, ergaben andere Pilotversuche kein hohes Sicherheitsrisiko.
Jetzt jedoch haben Juerg Matter von der University of Southampton und seine Kollegen eine Alternative zum Speichern des CO2 als Gas gefunden: Sie verwandeln es in Gestein. Schon länger ist bekannt, dass in Wasser gelöstes CO2 in Anwesenheit von Silikatgestein zu Karbonat werden kann – davon zeugen unter anderem Vorkommen dicker Karbonatschichten im Untergrund. Gefördert wird diese Mineralisation durch aus dem Gestein freiwerdende Spurenelemente wie Calcium, Magnesium und Eisen.
Vulkangestein als Versuchsfeld
Der Haken daran war bisher die Zeit: Nach gängiger Annahme dauert die Mineralisation von CO2 zu Karbonaten hunderte bis tausende von Jahren – und damit viel zu lang, um als geotechnische Klimaschutzmethode sinnvoll zu sein. Ein 2012 begonnener Pilotversuch am Reykjavik Energy Hellisheidi Geothermiekraftwerk auf Island belegt nun jedoch, dass die Umwandlung von CO2-Gas in Gestein sehr viel schneller ablaufe kann.
Für den Versuch pumpten die Forscher 250 Tonnen in Wasser gelöstes CO2-Gas 400 bis 800 Meter tief in das Basaltgestein des Untergrunds. Zuvor hatten sie das CO2 mit radioaktivem C-14-Kohlenstoff markiert und die Wasserlösung zudem mit Hyxdrogensulfid als Tracer versetzt. Im Laufe der folgenden Monate entnahmen die Wissenschaftler Wasserproben aus acht Bohrlöchern im näheren Umkreis und ermittelten, wie viel von dem eingepumpten Gas dort noch im Umlauf war.
Weiße Adern im Basalt
Das Ergebnis: Schon nach mehreren Monaten sanken die Indikatoren für das CO2 in den Wasserproben deutlich ab. An der Zusammensetzung war zu erkennen, dass das Treibhausgas im Untergrund mineralisiert worden sein muss. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass zwischen 95 und 98 Prozent des injizierten Kohlendioxids in weniger als zwei Jahren mineralisiert wurde – das ist erstaunlich schnell“, sagt Matter.
Weitere Belege für die Umwandlung des CO2 zu Karbonat lieferten Bohrkerne aus dem Untergrundgestein: Der poröse Basalt aus der Tiefe war von zahlreichen weißen Adern aus Karbonatgestein durchzogen. Die Wissenschaftler vermuten, dass das CO2-reiche Wasser in den feinen Kanälchen des Basalts quasi gefangen wird und sich dadurch schneller mit den für die Mineralisation nötigen Spurenelementen anreichert.
Sichere Alternative zu Gasspeichern
Nach Ansicht der Forscher demonstriert der Pilotversuch, dass sich CO2-Gas schneller als gedacht in Karbonate – und damit in Gestein – umwandeln lässt. „Das bedeutet, dass wir große Mengen von CO2 in den Untergrund pumpen könne und es dort über sehr lange Zeit sicher lagern“, sagt Koautor Martin Stute von der Columbia University. Denn im Gegensatz zur Speicherung des CO2 als Gas birgt diese Methode kein Risiko für Lecks und Gasaustritte.
„Unser neu entwickelte Methode könnte daher zu einer dauerhaften und umweltfreundlichen Lagerung von CO2-Emissionen genutzt werden“, sagt Matter. Einsetzbar wäre dies überall dort, wo es Basalt im Untergrund gibt – und das ist in vielen vulkanischen und ehemals vulkanischen Gebieten der Erde der Fall. „Basalt ist eines der häufigsten Gesteine der Erde“, so Matter.
Sinnvoll vor allem an den Küsten
Allerdings: Um die Mineralisation in Gang zu bringen, muss das CO2-Gas in Wasser gelöst sein – man benötigt rund 25 Tonnen Wasser für jede Tonne CO2, wie die Forscher erklären. Daher würde sich diese Form der CO2-Speicherung vor allem entlang der Küsten eignen, wo reichlich Meerwasser vorhanden ist. Am günstigsten – auch finanziell – wäre es überall dort, wo wie auf Island ohnehin schon Geothermie-Anlagen stehen.
„Wir müssen etwas gegen die steigenden CO2-Emissione tun“, beton Matter. „Und mit dieser Methode haben wir die ultimativen Dauerspeicher – wir machen sie einfach wieder zu Stein.“ Im isländischen Hellisheidi-Kraftwerk haben er und seine Kollegen bereits die nächste Stufe ihrer Versuche begonnen: Seit 2014 werden dort 5.000 Tonnen CO2 pro Jahr abgeschieden und in den Basalt gepumpt. (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aad8132)
(University of Southampton/ The Earth Institute at Columbia University, 10.06.2016 – NPO)