Bisher war nur klar, dass die Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre heute so hoch sind wie noch nie in den letzten 800.000 Jahren. Jetzt hat eine Forscherin erstmals ermittelt, wann es eine Ära mit vergleichbar hohen Werten gegeben hat: vor 15 Millionen Jahren, einer Zeit, in der es kein Arktiseis gab und die Meeresspiegel bis zu 30 Meter höher lagen. Wie sie in „Science“ berichtet, könnte uns dies auch bald wieder blühen.
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Wann lag der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre zuletzt so hoch wie heute? Diese Frage konnte bisher keiner schlüssig beantworten. Denn Eisbohrkerne und die in ihnen eingeschlossene Luft, der bisher einzige genauere Anhaltspunkt für vergangene atmosphärische Zusammensetzungen, reichen nur rund 800.000 Jahre zurück. In dieser Zeit schwankten die Werte nur zwischen 180 und 300 Teilchen pro eine Millionen Luftteilchen (parts per million, ppm). Heute jedoch liegt die Konzentrationen des CO2 in der Atmosphäre bereits bei 387 ppm – Tendenz weiter steigend.
Elementverhältnis in Einzellerschalen
Um zu erforschen, welche Auswirkungen solche Werte auf das Klima und die Umwelt haben, ist ein Blick zurück auf ähnliche Bedingungen in der Erdgeschichte sehr hilfreich. Jetzt hat Aradhna Tripati, Assistenzprofessorin für Geowissenschaften an der Universität von Kalifornien in Los Angeles gemeinsam mit Kollegen erstmals einen solchen Blick zurück ermöglicht. Noch an der Universität Cambridge in England hatte sie eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe es möglich ist, das Verhältnis der chemischen Elemente Kalzium und Boron in den Schalen fossiler einzelliger Algen akkurat zu bestimmen und daraus auf die Bedingungen zu ihren Lebzeiten zu schließen.
Tripati setzte diese Methode nun erstmals ein, um den Gehalt des atmosphärischen Kohlendioxids bis auf 20 Millionen Jahre zurück zu ermitteln. Als Test bestimmte sie zunächst die Werte für die letzen 800.000 Jahre und verglich diese mit den Ergebnissen aus den Eisbohrkernen. Als diese übereinstimmten und damit bestätigten, dass die Technik funktionierte, ging sie weiter zurück.
Ähnliche Werte vor 15 Millionen Jahren
„Die ein wenig schockierende Entdeckung ist, dass die einzige Zeit in den letzten 20 Millionen Jahren, in denen es Kohlendioxid-Gehalte ähnlich denen des modernen Niveaus gab, vor 15 bis 20 Millionen Jahren liegt – zu einer Zeit, in der dieser Planet dramatisch anders war als heute“, so Tripati. „Während des mittleren Miozäns lagen die CO2-Konzentrationen längere Zeit bei rund 400 ppm also fast der heutigen Menge. Damals waren die globalen Temperaturen fünf bis sechs Grad höher als heute und der Meeresspiegel 22 bis 30 Meter höher. Es gab keine permanente Meereisdecke in der Arktis und sehr wenig Eis in Grönland und der Antarktis.“
Treibhauswelt ohne Eis
Die Studie belegt damit eindeutig, dass das Kohlendioxid in der Atmosphäre – und dies schon bei einem Anstieg von rund 100 ppm – starke klimatische und ökologische Änderungen bewirken kann. Die Treibhauswelt des Miozän könnte, so die Ansicht der Forscherin, allerdings bald auch die unsere werden, wenn die gegenwärtige Entwicklung weiter anhält. Es gibt Prognosen, nach denen die CO2-Konzentrationen sogar bis auf 600 und mehr ppm im nächsten Jahrhundert steigen könnten, wenn die Emission von Treibhausgasen durch den Menschen weiter geht wie bisher.
Tripati wird im nächsten Schritt nicht nur die Ergebnisse für die letzten 20 Millionen Jahre noch präzisieren, sie arbeitet auch bereits daran, den Zeitraum auf 50 Millionen Jahr auszudehnen. Damals, nach dem Ende der Kreidezeit, gab es auf dem gesamten Planeten keine Eiskappen oder Gletscher, Wüsten dominierten weite Bereiche der Subtropen.
(University of California – Los Angeles, 09.10.2009 – NPO)