Geowissen

Corona-Effekt ist in Europa angekommen

Europaweiter "Lockdown" hat die Luftverschmutzung messbar verringert

Stickoxide Frankreich
Daten des Sentinel-5P-Satelliten zeigen, dass die Stickoxid-Emissionen im März 2020 über West- und Mitteleuropa deutlich gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen sind. © KNMI/ ESA, CC-by-sa 3.0 IGO

Nicht zu übersehen: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind nun auch an der Luft über Europa ablesbar. Über den meisten Großstädten und Ballungsräumen unseres Kontinents hat die Luftverschmutzung mit Stickoxiden drastisch abgenommen, wie aktuelle Messdaten des europäischen Sentinel-5-Sateliten zeigen. Ursache dafür sind die in fast allen Ländern geltenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens, die die Ausbreitung des Coronavirus bremsen sollen.

China machte den Anfang: Nachdem sich dort Anfang 2020 die vom Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Lungenerkrankungen häuften, riegelte die Regierung die gesamte Provinz ab und veranlasste eine Ausgangsperre. Dadurch sanken die Emissionen von Stickoxiden aus Verkehr und Fabrikabgasen um bis zu 30 Prozent gegenüber den sonst um diese Zeit üblichen, wie Satellitenmessungen Ende Februar 2020 belegten. Ähnliches zeigten Anfang März auch Messdaten für Norditalien – der in Europa am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Region.

Stickoxide Spanien
Stickoxidwerte über Spanien im März 2019 und 2020 im Vergleich © KNMI / ESA, CC-by-sa 3.0 IGO

Stickoxid-Rückgang über europäischen Großstädten

Inzwischen ist ganz Europa zum weltweiten Hotspot der Covid-Erkrankungen geworden. Auch auf unserem Kontinent sind nun flächendeckend Schulen, Universitäten, öffentliche Einrichtungen und Geschäfte geschlossen, viele Berufstägige arbeiten im Homeoffice. Vielerorts gibt es strenge Kontaktbeschränkungen oder sogar Ausgangssperren. Als Folge sind auch in Europa das öffentliche Leben, der Verkehr und die Wirtschaft stark ausgebremst.

Die ersten Folgen dieser Einschränkungen sind nun auch an der Luft über Europa ablesbar: Daten des Satelliten Sentinel-5P zeigen einen starken Rückgang der Stickstoffdioxid-Konzentrationen über Großstädten in ganz Europa – insbesondere in Mailand, Paris und Madrid. Verglichen mit dem Monatsdurchschnitt für März 2019 sind die Stickoxidwerte im Zeitraum vom 14. bis 25. März 2020 sichtbar gesunken, wie die aktuellen Messungen belegen.

Quantitativ vergleichbar erst durch Atmosphärenmodelle

Um diese Daten auch quantitativ vergleichbar zu machen, reichen die Messwerte des Satelliten allein allerdings nicht aus. Dafür müssen Forscher auch die Wetterlage und andere Prozesse in der Atmosphäre über meteorologische Daten erfassen und in Modellen verrechnen. Erst aus dieser Kombination ergibt sich dann beispielsweise das genaue Ausmaß des Stickoxid-Rückgangs über Berlin, Paris oder London.

„Die Stickstoffdioxid-Konzentrationen variieren infolge von Wetterschwankungen täglich“, erklärt Henk Eskes vom Königlich-Niederländischen Meteorologischen Institut (KNMI). „Unsere Atmosphärenchemie ist zudem nicht geradlinig. Um die Emission auf Grundlage der Satellitenbeobachtungen zu quantifizieren, bedarf es Atmosphärenchemie-Modelle, welche die täglichen Wetterschwankungen berücksichtigen, in Kombination mit inversen Modellierungstechniken.“

Präzisere Daten für Mitteleuropa kommen noch

Gerade über Mittel- und Nordeuropa machen es die häufigen Wetterschwankungen besonders schwer, präzise und vergleichbare Stickoxidwerte zu erhalten, wie die Forscher erklären. „Diese Untersuchungen haben bereits begonnen, werden aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagt Eskes. „Weitere Messungen von dieser Woche sollen dazu beitragen, die Veränderungen des Stickstoffdioxids über Nordwesteuropa zu bewerten.“

Klar scheint aber schon jetzt, dass die Corona-Pandemie auch in der Atmosphäre deutliche Spuren hinterlässt. Für Klima und Umwelt bedeutet dies eine Erholung, für die Wirtschaft der betroffenen Länder aber ist der Kampf gegen das Virus eine extreme Herausforderung. Dies gilt umso mehr, als dass die Einschränkungen und Gegenmaßnahmen wahrscheinlich noch Wochen bis Monate anhalten müssen, wie Epidemiologen auf Basis von Modellen schätzen.

Quelle: ESA

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