Archäologie

Das älteste Bier der Welt

Schon vor 13.000 Jahren brauten Menschen im Nahen Osten Bier aus Getreide

Keine neuzeitliche Erfindung: Schon vor 13.000 Jahren brauten Steinzeit-Menschen im Nahen Osten Bier. © aaron007/ iStock.com

Steinzeitliche Braukunst: In Israel haben Archäologen die ältesten Spuren des Bierbrauens entdeckt – und den ältesten menschengemachten Alkohol überhaupt. Die 13.000 Jahre alten Rückstände in Steingefäßen belegen, dass schon die halbsesshaften Menschen der Natufien-Kultur Bier aus Wildgetreide und anderen Pflanzenzusätzen brauten. Bier könnte damit sogar älter sein als das Brotbacken – und rituellen Zwecken gedient haben, wie die Forscher berichten.

Bier ist heute eines der beliebtesten alkoholischen Getränke – und der Gerstensaft hat eine lange Tradition. Schon vor gut 4.000 Jahren tranken die Sumerer einen vergorenen Getreidesaft, im Süden Ägyptens wurde vor rund 2.000 Jahren Bier als Medizin gegen Infekte konsumiert und auch bei den Galliern war das Brauen alltäglich. Die bisher ältesten Zeugnisse für Bier stammen jedoch aus dem alten China: Hier produzierten Braumeister schon vor 5.000 Jahren Getränke aus fermentiertem Getreide.

Sammlerkultur als Brau-Vorreiter

Jetzt aber könnten Archäologen um Li Liu von der Stanford University noch sehr viel ältere Zeugnisse des Bierbrauens entdeckt haben. Sie fanden diese bei Ausgrabungen in der Rakefet-Höhle im israelischen Karmel-Gebirge. Hier lebten vor rund 13.000 Jahren Menschen der Natufien-Kultureiner halbsesshaften Sammlergemeinschaft, die als Vorstufe zu den ersten Bauern gilt.

„Die Natufien-Relikte in der Rakefet-Höhle hören nicht auf, uns zu überraschen“, sagt Koautor Dani Nadel von der Universität Haifa. „Wir haben dort nun 30 Gräber freigelegt mit einer Fülle von Grabbeigaben wie Feuersteinwerkzeugen, Tierknochen und Mahlsteinen, aber auch rund 100 Steinmörsern und Schalen.“ Drei dieser Steinmörser haben die Forscher nun auf Pflanzenrückstände hin untersucht.

Stärkekörnchen in den Gefäß-Rückständen verrieten den steinzeitlichen Brauprozess. © Li Liu

13.000 Jahre alte Bierrückstände

Das überraschende Ergebnis: Die Menschen der Natufien-Kultur nutzten diese Mörser nicht nur, um Getreide, Flachs und Gemüse zu zerkleinern – sie brauten in diesen Gefäßen auch Bier. „Das ist das früheste archäologische Zeugnis für getreidebasiertes Bierbrauen – und der älteste Beleg für menschengemachten Alkohol“, sagen die Forscher. Schon vor 13.600 bis 11.700 Jahren nutzten die Natufien demnach gesammeltes Wildgetreide zum Bierbrauen – und damit möglicherweise sogar früher als zum Brotbacken.

Die Archäologen vermuten, dass die Natufien ihr Bier für rituelle Feste brauten und das Getränk beispielsweise bei ihren Totenritualen konsumierten. „Diese Entdeckung spricht dafür, dass die Herstellung von Alkohol kein bloßer Nebeneffekt eines landwirtschaftlichen Überflusses an Getreide war“, erklärt Liu. „Stattdessen wurde das Bierbrauen wahrscheinlich aus rituellen Zwecken entwickelt – und dies zumindest in gewissem Maße noch vor der Erfindung der Landwirtschaft.“

Steinmörser und Braugefäße in der Rakefet-Höhle in Israel. © Dror Maayan / Elsevier, Journal of Archaeological Science: Reports

Dreischrittiges Brau-Rezept

Wie das steinzeitliche Bier hergestellt wurde, verrieten unter anderem Analysen der Stärkekörnchen in den Pflanzenresten. Demnach nutzten die Natufien-Menschen einen dreiteiligen Brauprozess: Zuerst ließen sie das Getreide in Wasser keimen und trockneten sie wieder – es entstand Malz. Dann zerkleinerten sie das Getreidemalz in ihren Mörsern und erhitzten es. Schließlich wurde es in Gefäßen gelagert und fermentierte. Das Ergebnis war ein alkoholhaltiger Sud – Bier.

Das Steinzeit-Bier hatte allerdings nur wenig Ähnlichkeit mit den heutigen Brauereiprodukten, wie die Forscher betonen. Denn das alkoholische Gebräu der Natufien enthielt nicht nur Getreide, sondern Zusätze aus mehreren verschiedenen Pflanzenarten. Zudem ähnelte die Konsistenz vermutlich eher einem dünnflüssigen Brei als einem modernen Bier. (Journal of Archaeological Science: Reports, 2018; doi: 10.1016/j.jasrep.2018.08.008)

(Stanford University, Elsevier, 14.09.2018 – NPO)

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