Elektrisierender Effekt: Wenn der Vollmond am Himmel steht, ist der Erdtrabant besonders stark geladen. Denn dann ist seine extrem dünne Gashülle ionisiert und es entsteht ein Plasma, wie Daten von Raumsonden nun belegen. Der Grund dafür: Zieht der Mond hinter der Erde vorbei, kann das Sonnenlicht seine Gasteilchen ionisieren, gleichzeitig aber ist der Erdtrabant vor dem starken Sonnenwind geschützt, wie die Forscher erklären.
Der Mond erscheint auf den ersten Blick nicht sonderlich dynamisch: Im Gegensatz zur Erde besitzt er weder ein Magnetfeld, noch eine dichte Atmosphäre. Nur eine extrem dünne Exosphäre aus winzigen Spuren von Edelgasen und Wasserstoff umgibt den Erdtrabanten. Dadurch können Meteoriten, aber auch die geladenen Teilchen des Sonnenwinds nahezu ungehindert auf seine Oberfläche treffen. Im Regolith einiger Krater kann es dadurch sogar zu kurzzeitigen elektrische Entladungen kommen.
Ionisierte Plasmahülle
Doch wie sich jetzt zeigt, ist auch die Exosphäre des Mondes manchmal ziemlich geladen – und das je nach Mondphase mal mehr und mal weniger. Für ihre Studie hatten Jasper Halekas von der University of Iowa und sein Team Daten der beiden Raumsonden der Artemis-Mission der NASA ausgewertet. Diese Sonden sind darauf spezialisiert, Magnetfelder und geladene Teilchen im All zu detektieren.
Das Ergebnis: Der Mond besitzt eine echte Ionosphäre aus geladenen Gasteilchen. Mit einer mittleren Dichte von 0,1 bis 0,3 Teilchen pro Kubikzentimeter ist sie allerdings eine Million Mal dünner als ihr irdisches Gegenstück, wie die Forscher berichten. Das Besondere daran: Diese Hülle aus geladenem Plasma manifestiert sich um die Zeit des Vollmonds – wenn der Mond von der Sonne beschienen wird, dabei aber im Magnetschatten der Erde steht.
Am stärksten bei Vollmond
Der Grund dafür: Wenn der Mond hinter der Erde steht, ionisiert die Interaktion mit dem Sonnenlicht die spärlichen Gase in seiner Exosphäre. Gleichzeitig aber schützt seine Position im irdischen Magnetschweif das dabei entstehende Plasma davor, vom Sonnenwind weggerissen zu werden. „In dieser einzigartigen Umgebung kann die lunare Ionosphäre manifest werden und ihre Umgebung beeinflussen“, erklären Halekas und seine Kollegen.
Wenn wir demnach zum Vollmond am Himmel blicken, sehen wir den Mond im aufgeladenen Zustand. Denn dann ist seine dünne Gashülle ionisiert und quasi „elektrisch“. Interessant auch: Die einmal im Monat auftretende lunare Ionosphäre könnte sogar messbare Auswirkungen auf das Plasma im irdischen Magnetschweif haben. „Denn die Plasmadichte des Mondes übertrifft dann meist die des Erdschweifs“, sagen die Forscher. Bei seinem Vorbeizug könnte der Mond dadurch durchaus lokale Plasmaturbulenzen hervorrufen.
Ob das aber tatsächlich der Fall ist und wie genau Ionosphäre des Mondes und Plasmaschweif der Erde wechselwirken, muss nun noch näher erforscht werden. (Geophysical Research Letter, 2018; doi: 10.1029/2018GL079936)
(AGU, 24.09.2018 – NPO)