Der Störfall in dem schwedischen Atomkraftwerk Forsmark sorgt zwei Wochen danach weiterhin für Diskussionen. Nach wie vor wird darüber gestritten, inwiefern ein ähnlicher Fall auch in deutschen Atomkraftwerken passieren könnte. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hält nun eine weitere sicherheitstechnische Überprüfung der deutschen Atomkraftwerke für notwendig.
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Die unionsgeführten Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern hatten zuvor in Berichten erklärt, die zur Reaktorkühlung nötige Stromversorgungstechnik deutscher Kernkraftwerke sei anders als in Forsmark sicher. Ähnliche Störfälle seien nicht zu erwarten. Dabei verwiesen sie auf die in deutschen Atomkraftwerke angeblich nicht vorhandenen Wechselrichter, die in der schwedischen Anlage Teil des Problems waren.
Ursachen nur teilweise geklärt
Doch auch in Schweden sind die Ursachen des Störfalls bisher nur teilweise geklärt, denn der entscheidene Bericht über den Hergang des Störfalls, den die schwedische Atomaufsichtsbehörde (SKI) vom Betreiber Vattenfall gefordert hat, liegt der SKI bisher noch noch nicht vor. Deshalb, so der Bundesumweltminister, können auch alle Einschätzungen zur Übertragbarkeit des Vorfalles nur vorläufig sein. „Ich hätte mir durchaus gewünscht, dass auch die deutschen Atomkraftwerksbetreiber hier etwas sicherheitsbewusster reagiert hätten und nicht voreilig mit Beschwichtigungen auf den Markt gegangen wären“, kritisierte Gabriel.
Untersuchung zu Auswirkungen von Überspannungen
Nach der vorläufigen Stellungnahme der Bundesländer soll daher jetzt eine detaillierte Abarbeitung der Fragen des Bundesumweltministeriums stattfinden. Prinzipiell müsse für die bundesdeutschen Atomkraftwerke geklärt werden, was passiert, wenn von außerhalb der Anlage Überspannungen eingetragen werden und welche Auswirkungen in die anlageninternen Netze hinein möglich sind. Dazu sei auch ein Abgleich nötig zwischen den jeweiligen Anlagenunterlagen und dem tatsächlichen Ist-Zustand der Anlagen. „Die Frage ist: Kann durch einen Kurzschluss oder einen Blitz ein Zustand entstehen, durch den Sicherheitseinrichtungen der Atomkraftwerke unwirksam werden“, so Gabriel.
Auch der Naturschutzbund NABU und die Umweltschutzorganisation Greenpeace haben die Entwarnungen der Atomaufsicht mehrerer Bundesländer in der Debatte um den Störfall als vorschnell kritisiert. "Wer die genaue Ursache noch nicht kennt, kann und darf einen ähnlichen Verlauf für andere Atomkraftwerke auch nicht aussschließen", erklärte Heinz Smital, Atomexperte bei Greenpeace. "Wir erwarten von den Landesbehörden, sehr grundliche Untersuchungen, bevor endgültige Aussagen gemacht werden", sagte auch NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
(BMU, NABU, Greenpeace, 10.08.2006 – NPO)