Geowissen

Diamant enthüllt Magmenbildung in unerwarteter Tiefe

Aufgeschmolzene Ozeankruste 400 Kilometer unter der Oberfläche

Shantanu Keshav (links) und Gundmundur Gudfinnsson vor einer Vielstempel-Presse des Bayerischen Geoinstituts, mit der die Hochdruck- und Hochtemperaturbedingungen im tiefen Erdinneren im Labor simuliert werden. © Universität Bayreuth

Aufgeschmolzene Ozeankruste existierte auch noch in der unerwartet großen Tiefe von 400 Kilomnetern unter der Erdoberfläche. Aus der Analyse von Diamanten haben Geowissenschaftler auf eine Bildung Karbonat-reicher Magmen im tiefen Erdinneren geschlossen. Sie berichten darüber in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature“.

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Die Erde besteht aus einem silikatischen Erdmantel (0 – 2900 km) und einem Eisenkern (2900 – 6300 km Tiefe). Diese zweischalige Struktur hat sich bereits in der Urphase der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren entwickelt, als die Erde noch in einem glutflüssigen Zustand war. Seither kühlt die Erde stetig ab, so dass der Erdmantel nunmehr vollständig verfestigt ist. Der Erdmantel ist jedoch kein starres Gebilde. Im Innern findet eine stetige langsame Zirkulation von Gesteinsmaterial statt, die an den so genannten Subduktionszonen zum Abtauchen von ozeanischer Kruste führt.

Diamanten als Boten aus der Tiefe

Solche Erkenntnisse über den Aufbau und Vorgänge im Erdinneren gewinnen Wissenschaftler vornehmlich aus der Auswertung von Erdbebenwellen, durch Hochdruckexperimente im Labor, sowie durch Untersuchung von vulkanischen Gesteinsschmelzen, die an der Erdoberfläche ausgetreten und erstarrt sind. Zusammen mit Kollegen aus Großbritannien, den USA und Brasilien haben Shantanu Keshav and Gudmundur Gudfinnsson vom Bayerischen Geoinstitut der Universität Bayreuth, nun kleinste Mineraleinschlüsse in Diamanten aus Brasilien untersucht.

Diamanten finden sich in einem besonderen Typ vulkanischer Gesteine, den so genannten Kimberliten, die aus dem Erdmantel stammen und explosionsartig an die Erdoberfläche gefördert wurden. Diamanten enthalten häufig Mineraleinschlüsse, die Aufschluß über die Zusammensetzung und Bedingungen am Bildungsort im tiefen Erdmantel geben. Einige Diamanten stammen aus sehr großer Tiefe stammen, aus 400 bis 670 Kilometern oder sogar noch tiefer, aus dem unteren Erdmantel. Die Untersuchung von Mineraleinschlüssen in solchen Diamanten erlaubt einzigartige Einblicke in die Vorgänge und Zustände im tiefen Erdmantel.

Magmenbildung in unerwartet großer Tiefe

Die Diamanten, über die jetzt in Nature berichtet wird, stammen aus Juina/Brasilien und sind über eine Milliarde Jahre alt. Die Spurenelementkonzentrationen in den Mineraleinschlüssen und Hochdruckexperimente am Bayerischen Geoinstitut belegen, dass sich die Diamanten und ihre Einschlüsse aus aufgeschmolzener, Kalkstein- haltiger Ozeankruste gebildet haben.

Die Kristallstrukturen der Einschlüsse (Perowskit und Majorit) zeigen an, dass die Aufschmelzung der Ozeankruste in mindestens 400 Kilometern Tiefe stattgefunden haben muss. In diesem Tiefenbereich hat man bislang keine Magmenbildung erwartet. Zudem belegen die Ergebnisse, dass die Zusammensetzung des Erdmantels stärker variiert als bisher angenommen. Kohlenstoff-reiche Reservoirs können offenbar über Milliarden von Jahren im tiefen Erdmantel stabil bleiben und beeinflussen so auch den globalen Kohlenstoffkreislauf.

(Universität Bayreuth, 01.08.2008 – NPO)

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