Der Schädel der Dickkopfsaurier ist verstärkt, oft sogar kuppelartig aufgewölbt: Ob die Pflanzenfresser diese Kopfkuppel aber tatsächlich im Kampf gegen Artgenossen einsetzten, ist umstritten. Jetzt haben amerikanische Forscher herausgefunden, dass die Schädelknochen der Dinos den enormen Belastungen einer Kollision immerhin standhalten konnten. Eine besonders dichte Knochenschicht schützte ihr Gehirn, berichten Forscher in der Fachzeitschrift „PloS ONE“. Das belegt zwar noch nicht, dass die Tiere tatsächlich auf diese Weise kämpften, schließt es aber zumindest nicht aus.
Die Dickkopfsaurier oder Pachycephalosaurier gehörten zu den zweibeinig laufenden Dinosauriern des Jura und der Kreidezeit. Ihre Besonderheit waren stark verdickte Schädeldächer, die teilweise kuppelförmig aufgewölbt waren. Wozu diese nur bei den Männchen stark ausgeprägte Verdickung diente, wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Während einige Forschergruppen einen Einsatz im Kampf – beispielsweise um Weibchen – für wahrscheinlich halten, sehen andere in den Kuppeln eher Imponiermerkmale, die wegen ihrer starken Durchblutung nicht für Rammstöße geeignet seien.
„Die Pachycephalosaurier-Kopfgewölbe sind seltsame Strukturen, bei den modernen Tieren gibt es nichts wirklich Vergleichbares”, erklärt Eric Snively von der Ohio Universität. „Wir wollten die kontrovers diskutierte Idee prüfen, nach der die Kuppeln sich gut für Kopfstöße eigneten. Das Herauszufinden bringt uns ihr soziales Leben näher: Präsentierten die Pachycephalosaurier ihre aufgewölbten Schädel wie die Pfauen ihre Schwänze oder rammten sie auch ihre Köpfe zusammen wie die Moschusochsen?“
Anatomie und Biomechanik kombiniert
Um das zu untersuchen, analysierten die Forscher mittels Computertomografie (CT) zunächst einen der besterhaltensten Schädel dieser Dinosauriergruppe: ein Stegoceras-Fossil, das an der Universität von Alberta in Kanada aufbewahrt wird. Der vor rund 72 Millionen Jahren lebende Stegoceras gehörte zu den eher kleinen Vertretern der Pachycephalosaurier: Er wurde nur etwa so groß wie ein Schäferhund. Anschließend verglichen die Wissenschaftler die Dicke und Zusammensetzung der Schädelpartien mit der Schädelanatomie moderner Huftiere. Darunter waren sowohl einige Arten, die Kopfstoßkämpfe durchführen als auch Arten, die dies nicht tun.
Ausgehend von der Anatomie nutzten die Wissenschaftler dann biomechanische Modellrechnungen, um festzustellen, ob und wie gut die Schädelknochen den Belastungen bei einem Kopfkampf standhalten. „Wir haben uns die Gewebearten im Schädel und Kopf der Tiere genau angesehen. Unsere Analysen kommen einer direkten Beobachtung ihres Verhaltens so nahe, wie eben heute geht“, erklärt Snively. „In gewisser Weise können wir uns in ihren Kopf hineinversetzen, wenn wir sie virtuell kollidieren lassen. Wir haben anatomische und mechanische Analysen aller dieser Tiere kombiniert, um einen möglichst umfassenden Ansatz zu haben.
Knochen wie Motoradhelm aufgebaut
Das Ergebnis: Die meisten modernen Tiere, die Kämpfe über das Zusammenschlagen der Köpfe austragen, besitzen Schädelgewölbe, die aufgebaut sind wie ein guter Motorradhelm: „Sie haben eine steife Schale auf der Außenseite, dann ein schwammartiges, Energie absorbierendes Material direkt darunter und dann wieder eine steife, wirklich dichte Schicht über dem Gehirn“, so Sniveley. Die Analysen enthüllten, dass auch Stegoceras eine Extraschicht besonders dichten Knochens besaß, dies allerdings in der Mitte des Schädelknochens.
„Es ist ziemlich klar, dass Stegoceras den Kräften, die an lebenden Tieren beim Kopfkampf gemessen wurden, leicht standhalten würde, auch wenn seine Schädelknochen etwas anders angeordnet sind“, erklärt Jessica Theodor von der Universität von Calgary, Koautorin der Studie. Dieses Ergebnis belegt zwar nicht, dass der Dinosaurier solche Kämpfe auch tatsächlich austrug, aber sie zeigen, dass er es konnte – selbst wenn er seine Schädelkuppel doch nur zum Imponieren und Anlocken von Weibchen eingesetzt haben sollte. (PLoS ONE, 2011; DOI: 10.1371/journal.pone.0021422)
(University of Calgary, 29.06.2011 – NPO)