In einem ersten Test ließen sie verschiedene Varianten dieses Kombi-Modells so lange laufen, bis diese die vergangene Entwicklung der Erde und ihrer Atmosphäre korrekt rekonstruieren konnten. „Die Simulationen dieser Ensemblegruppe wurden dann bis in die Zukunft weitergeführt, um die Lebensdauer der irdischen Sauerstoffatmosphäre zu ermitteln“, erklären die Forscher. Bei diesem Prognoselauf setzten sie ihre Modellerde dem Strahlungszuwachs aus, wie er für die solare Entwicklung vorhergesagt wird.
Drastischer Sauerstoffschwund in einer Milliarde Jahren
Das Ergebnis: „In der langfristigen Zukunft wird der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre substanziell abnehmen“, berichten Ozaki und Reinhard. Konkret ergaben die Simulationen, dass die irdische Gashülle schon in 1,08 Milliarden Jahren weniger als ein Prozent ihres heutigen Sauerstoffgehalts aufweisen wird. Ein Großteil der heutigen Lebensformen könnte unter diesen Bedingungen nicht mehr existieren.
Während Sauerstoff und Kohlendioxid stark abnehmen, wird der Methananteil der irdischen Gashülle in dieser Zeit deutlich zunehmen. „In vieler Hinsicht wird die Erdatmosphäre der fernen Zukunft damit derjenigen der Urerde vor dem sogenannten Great Oxidation Event gleichen“, erklären die Forscher. Dieses Ereignis vor rund 2,4 Milliarden Jahren reicherte die zuvor von Methan, Stickstoff und Kohlendioxid dominierte Uratmosphäre in kurzer Zeit mit Sauerstoff an.
Aus dem All betrachtet könnte unser Planet in einer Milliarde Jahren eher dem verschleierten Saturnmond Titan als einem blauen Planeten ähneln: „Ein erhöhter Methan-Anteil resultiert den Prognosen nach in der Bildung von organischen Dunstschleiern“, so Ozaki und Reinhard.
Veränderte biogeochemische Kreisläufe als Hauptursache
Doch was ist die Ursache für den dramatischen Sauerstoffschwund der künftigen Erdatmosphäre? Wie die Wissenschaftler berichten, ist vor allem die immer weiter zunehmende Sonneneinstrahlung die Triebkraft dafür. Ließen sie diese in ihren Modellen weg, blieb auch der Sauerstoffschwund aus. Nähere Analysen ergaben, dass die erhöhte Einstrahlung Verwitterungsprozesse verstärkt und die Temperaturen erhöht. Das wiederum verändert biogeochemische Stoffkreisläufe.
„Unsere Analyse deutet darauf hin, dass insbesondere die ozeanische Redox-Chemie entscheidend für die langfristige Entwicklung der Atmosphäre auf habitablen Planeten sein kann“, schreiben die Forscher. Denn die Wechselwirkung von Meer, Erdkruste und Mantel reguliert die Ströme von Kohlenstoff, Schwefel, Phosphor und Eisen und sie alle haben einen Einfluss auf die Bindung und Freisetzung von Sauerstoff durch chemische, aber auch biologische Prozesse.
Bedeutung für die Suche nach außerirdischem Leben
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Sauerstoffatmosphäre selbst auf lebensfreundlichen Welten mit Photosynthese kein Dauerzustand ist“, konstatieren Ozaki und Reinhard. „Insgesamt wird demnach nur ein Bruchteil der Erdgeschichte durch robust detektierbare Gehalte atmosphärischen Sauerstoffs gekennzeichnet sein.“ Diese sauerstoffreiche Phase macht nur rund 20 bis 30 Prozent der Lebenszeit unserer Erde aus.
Das hat auch Relevanz für die Astrobiologie und die Suche nach Leben im All. Denn Sauerstoff gilt als eine der wichtigsten Biosignaturen für Leben auf fremden Planeten. Doch wenn diese Phase nur vergleichsweise kurz anhält und dann einer methanreichen, verschleierten Gashülle weicht, dann könnte auch eine solche Atmosphäre auf zumindest früheres Lebens hindeuten, so die Forscher. (Nature Geoscience, 2021; doi: 10.1038/s41561-021-00693-5)
Quelle: Nature Geoscience
2. März 2021
- Nadja Podbregar