Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, flattert: Teile von ihr bewegen sich auch senkrecht zur galaktischen Scheibe auf und ab – ähnlich wie der Stoff einer Flagge im Wind flattert. Das haben Astronomen herausgefunden, als die Bewegungen von Sternen in der Nachbarschaft der Sonne näher bestimmten. Was allerdings dieses Flattern unserer Galaxie auslöst, ist bisher noch unklar.
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Unsere Heimatgalaxie ist in ständiger Bewegung: Alle Sterne und andere komischen Objekte in dieser Balkenspirale rotieren um das galaktische Zentrum – und mit ihr auch unser Stern, die Sonne. Sie rast mit knapp einer Million Kilometer pro Stunde um das Milchstraßen-Zentrum. Je weiter außen dabei ein Stern in der Galaxie sitzt, desto schneller bewegt er sich. Aber das ist nicht alles, wie sich jetzt zeigt: Die Milchstraße macht zusätzlich auch kleine wackelnde und flatternde Bewegungen nach oben und unten – wie eine Flagge im Wind.
Blick in die galaktische Nachbarschaft
Entdeckt haben die Astronomen um Mary Williams vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) das Flattern, als sie die Geschwindigkeiten von Sternen im Umkreis unserer Sonne untersuchten. Diese Himmelsdurchmusterung im Rahmen des RAdial Velocity Experiments (RAVE) umfasst eine halbe Million Sterne – alles stellare Nachbarn der Sonne. Das dafür untersuchte Sternenfeld erstreckt sich 6.500 Lichtjahre ober- und unterhalb der Sonne und deckt ein Viertel des Weges bis zum galaktischen Zentrum ab.
Indem die Forscher Entfernung und Geschwindigkeit der Sterne bestimmten, konnten sie erstmals präzise 3D-basierte Bewegungsmuster von Sternen erstellen. Diese Muster sind allerdings hoch komplex. Um diese Muster zu entwirren und verstehen, untersuchten die Astronomen besonders die Bewegungen von Sternen, die ober- und unterhalb der galaktischen Scheibe liegen. Dabei stellte sich heraus, dass die Bewegungen und Geschwindigkeiten innerhalb der Milchstraße vielfältiger sind als gedacht.
Chaotisches Wellenmuster
Die Galaxie rotiert demnach nicht nur, sie, Teile von ihr schwingen senkrecht zu ihrer Ebene auch auf und ab. Diesen vertikalen Bewegungen liegt ein wellenförmiges Muster zugrunde, Sterne schwappen mal zu dieser mal zu jener Seite hinaus. Was genau diese Bewegungen auslöst, ist bisher unklar. Die Forscher vermuten aber, dass dafür einwirkende Kräfte aus unterschiedlichen Richtungen verantwortlich sind, die ein chaotisches Wellenmuster verursachen. Möglicherweise werden diese Kräfte durch Bewegungen der Spiralarme erzeugt oder aber von Rippeln in der Raumzeit, die von der Passage kleiner Zwerggalaxien durch die Milchstraße herrühren.
Mit den neuen Ergebnissen wird es zukünftig möglich sein, wesentlich präzisere 3D-Modelle unserer Galaxie zu erstellen. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2013, in press; arXiv:1302.2468)
(Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), 23.10.2013 – NPO)