Feuriges Fließband: Das Kerguelen-Plateau im Indischen Ozean ist der am längsten aktive Supervulkan der Erde. Denn diese magmatische Großprovinz spie gut 30 Millionen Jahre lang ununterbrochen Lava und sorgt seither noch immer ab und zu für Vulkaneruptionen. Ursache für diese ungewöhnlich langanhaltende Aktivität ist ein Mantelplume, der dort direkt unter einem mittelozeanischen Rücken liegt, wie Forscher im Fachmagazin „Geology“ berichten.
Ob der Dekkan-Trapp in Indien, die Karoo-Flutbasalte in Südafrika oder die Zentralatlantische Magmaprovinz: Die Erdgeschichte ist geprägt von gewaltigen Dauereruptionen, in denen ausgedehnte Vulkanregionen mehr als eine Million Jahre lang nahezu pausenlos Lava und Asche spien. Die Ablagerungen dieser Supervulkane bilden bis heute hunderte Meter dicke Basaltschichten und nicht wenige dieser Großeruptionen lösten Massenaussterben aus.
2.000 Meter dicke Lavaschichten
Doch es gibt eine vulkanische Großprovinz, die sie alle übertrifft – das Kerguelen-Plateau im Indischen Ozean. Seine dicken Lavaschichten erheben sich rund 2.000 Meter über den umgebenden Meeresgrund und bedecken eine Fläche von gut 1,25 Millionen Quadratkilometer. „Damit ist das Kerguelen-Plateau gigantisch, es entspricht fast der Fläche von ganz Westaustralien“, sagt Erstautor Qiang Jiang von der australischen Curtin University.
Der Supervulkan im Meeresgrund ist bis heute aktiv, wenn auch nur in geringem Maße. Früher jedoch spie er genug Lava, um das Gebiet im Jahr mit einer 20 Zentimeter dicken Schicht zu bedecken. „20 Zentimeter jährlich erscheint nicht viel, aber wenn man das auf ein Gebiet von der Größe Westaustraliens überträgt, dann entspricht dies dem Volumen von 184.000 randvoll gefüllten olympischen Schwimmbecken – jedes Jahr“, sagt Jiang.
30 Millionen Jahre lang ununterbrochen aktiv
Unklar war aber bisher, wie lange diese hochaktive Phase des Kerguelen-Plateau angehalten hat. „Typischerweise bilden sich solche magmatischen Großprovinzen in einem kurzen Puls von einer bis fünf Millionen Jahren oder in mehreren solcher punktuellen Schübe“, erklären die Forscher. Ob das auch dort der Fall war, haben Jiang und sein Team nun anhand einer Isotopendatierung von 25 Bohrkernproben ermittelt. Dafür nutzten sie das Verhältnis der Argon-Isotope Argon-40 und Argon-39.
Das überraschende Ergebnis: „Unsere Datierungen zeigen eine kontinuierliche vulkanische Aktivität, die vor 120 Millionen begann und bis vor 90 Millionen Jahren anhielt – das entspricht einer Lebensspanne von 30 Millionen Jahren“, berichten die Wissenschaftler. In dieser Zeit entsprach der Lavaausstoß insgesamt rund 5,5 Billionen olympischen Schwimmbecken. Erst danach fielen die Eruptionsraten drastisch ab und sind bis heute niedrig geblieben.
„Damit ist das Kerguelen-Plateau der am längsten kontinuierlich aktive Supervulkan der Erde“, sagt Jiang.
Feuriges Förderband und Bunsenbrenner
Was aber war der Grund dafür? Die Forscher führen dies auf ein Zusammentreffen von gleich zwei vulkanischen Mechanismen zurück. Denn das Kerguelen-Plateau liegt zum einen an einem mittelozeanischen Rücken und damit der Nahtstelle zwischen zwei auseinanderweichenden ozeanischen Erdplatten. Zum anderen aber wird die Vulkanprovinz von einem Mantelplume gespeist – einem Hotspot, an dem Magma aus dem tiefen Erdmantel an die Erdoberfläche steigt.
„Der Vulkanismus am Kerguelen-Plateau hielt so lange an, weil der mittelozeanische Rücken wie ein Kanal oder ein feuriges Förderband wirkte, das die Magma des Mantelplumes stetig entlang des Rückens ableitete“, erklärt Jiangs Kollege Hugo Olierook. Das verhinderte ein Verstopfen des Austrittsschlots durch abgekühlte Lava. Gleichzeitig wirkte der Mantelplume wie ein Bunsenbrenner, der ständig heißes Material nachförderte.
Ein eigener Typ von Vulkanprovinz
„Damit unterscheidet sich Kerguelen von den kurzlebigen oder in Schüben aktiven magmatischen Großprovinzen und bildet einen eigenen Typ“, erklären die Forscher. „Diese Vulkanprovinz bildet sich durch die langanhaltende Wechselwirkung von einem Mantelplume und einem mittelozeanischen Rücken.“ Das Wissen um diesen neuen Typ anhaltender vulkanischer Aktivität sei wichtig, um den Magmatismus der Erde zu verstehen, aber auch den von anderen Planeten. (Geology, 2020; doi: 10.1130/G47850.1)
Quelle: Curtin University