Nicht mehr als taubengroß war Fruitadens haagarorum, der kleinste jemals in Nordamerika gefundene Dinosaurier – und möglicherweise einer der kleinsten Dinosaurier überhaupt. Ein internationales Forscherteam hat diese neue Spezies jetzt anhand eines vor mehreren Jahrzehnten gefundenen Fossils identifiziert.
„Das winzige Tier lebte vermutlich Seite an Seite mit einigen der größten bekannten Langhalssauriern, aber auch riesigen Fleischfressern wie dem Allosaurus“, berichtet Richard Butler von der Universität München (LMU) und der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society online. „Fruitadens war ein beweglicher Schnellläufer und wahrscheinlich ein Allesfresser, der sich von einer Mischung aus Pflanzen sowie kleinen Insekten und Tieren ernährte.“
Fruitadens haagarorum wog nach Angaben der Forscher weniger als ein Kilogramm und war nur etwa 70 Zentimeter lang. Die Spezies lebte im Späten Jura, also vor etwa 150 Millionen Jahren.
Fossilien schon vor 30 Jahren gefunden
Gefunden wurden die Fruitadens-Fossilien – und zwar Teile des Schädels, der Wirbel, Arme und Beine von vier Individuen – vom Natural History Museum of Los Angeles County bereits in den späten 1970er Jahren, aber erst jetzt hat man sie vollständig erforscht. Der Name der neu entdeckten Art verewigt unter anderem den Fundort, das Gebiet Fruita, Colorado, im Westen der USA. „Dens“ dagegen ist lateinisch für „Zahn“. Die Bezeichnung „haagarorum“ schließlich wurde zu Ehren von Paul Haaga, Jr. und seiner Familie gewählt, die das Natural History Museum of Los Angeles County fördern.
Das Gebiss der Tiere verdient nach Ansicht der Wissenschaftler besonderes Augenmerk. Es ordnet Fruitadens als einem der letzten Überlebenden dieser Gruppe den Heterodontosauriern zu. Diese wichtige Gruppe früher Dinosaurier war bislang in Nordamerika unbekannt. Wie andere Heterodontosaurier besaß auch der Winzling Fruitadens eine ungewöhnliche Kombination verschieden geformter Zähne, unter anderem einen Eckzahn im vorderen unteren Kiefer und blattförmige Zähne in der Backenregion.
Insekten und Pflanzen als Leibspeise
„Im Unterschied zu früheren, größeren Vertretern dieser Familie, die sich von harter Vegetation ernährten, nahm Fruitadens vermutlich eine Mischung aus Insekten und Pflanzen zu sich“, sagt die Co-Autorin der Studie Laura Porro von der University of Chicago. „Das ist interessant, weil wir uns hier mit einer Familie von Dinosauriern befassen, die sich von spezialisierten Pflanzenfressern auf eine breiter gefächerte Ernährung umgestellt haben.“
Den entscheidenden Hinweis auf die Diät des Allesfressers lieferte damit die Bezahnung – zusammen mit der geringen Körpergröße des Tieres. Nach einer genauen Untersuchung der inneren Struktur des Beinknochens des Schnellläufers Fruitadens konnten die Forscher das Alter des größten Individuums auf etwa vier Jahre schätzen. Dinosaurier waren in diesem Stadium fast ausgewachsen, so dass Fruitadens wohl zu den kleinsten Dinosauriern überhaupt gehörte.
„Diese Entdeckung zeigt, wie artenreich und durchsetzungsfähig die Dinosaurier waren“, meint Butler. „Dieser Winzling lebt neben Titanen wie dem Brachiosaurus, die ungefähr 40.000 Mal mehr wogen als er.“
Wichtiges Mosaiksteinchen im Puzzle der Dinosaurier-Evolution
Fruitadens lieferte dem Team damit ein weiteres wichtiges Stück im großen Puzzle der Dinosaurier-Evolution. „Der Fruitadens stammt aus der Morrison-Formation, einer Felsenformation, die Paläontologen seit 130 Jahren intensiv untersuchen und in der sie bereits Dutzende Dinosaurierspezies gefunden haben“, so Butler. „Trotzdem liegen dort wohl noch weitere interessante und einzigartige Arten.“
Die Entdeckung zeigt aber auch, dass die kleinsten Dinosaurier im Fossilbericht bisher vernachlässigt wurden. „Dabei ist es wichtig, mehr über die Winzlinge zu erfahren, die mit den bekannten Riesendinosauriern zusammenlebten“, meint Luis M. Chiappe vom Dinosaur Institute im Naturas History Museum of Los Angeles County. Die einzigartigen Fruitadens-Fossilien sollen dort ab 2011 in der renovierten Dinosaurier-Gallerie ausgestellt werden.
(idw – Universität München, 26.10.2009 – DLO)