Katastrophaler Dauerfrost: Die Dinosaurier sind vor rund 66 Millionen Jahren wahrscheinlich schlicht erfroren. Denn eine neue Klimasimulation legt nahe, dass sich die Erde nach dem Einschlag des Asteroiden katastrophal abkühlte. Die globalen MItteltemperaturen könnten unter den Gefrierpunkt gefallen sein – und dieser Frost dauerte mehrere Jahre an, wie die Forscher ermittelten.
Zwar ist klar, dass die Dinosaurier vor rund 66 Millionen Jahren ausstarben, was aber ihr Ende verursachte und wie schnell es kam, darüber wird seit Jahren gestritten. Einige sehen im Einschlag des Chicxulub-Asteroiden den Hauptschuldigen, andere in den katastrophalen Vulkanausbrüchen der Dekkan Trapps oder in einem Doppelschlag von beidem. Strittig ist auch, ob die Dinosaurier ohnehin schon im Niedergang begriffen waren oder ob sie das Ende plötzlich traf.
Jetzt haben Julia Brugger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und ihre Kollegen näher untersucht, welche Folgen der Asteroideneinschlag am Ende der Kreidezeit für das Klima und damit die Lebenswelt hatte. Erstmals nutzten sie dafür ein gekoppeltes Klimamodell für Atmosphäre, Ozean und Eis, wie es auch für aktuelle Klimaprognosen eingesetzt wird.
Jahrelang unter dem Gefrierpunkt
Das Ergebnis: Noch viel schlimmer als kurzfristige Effekt durch Staub, Brände oder katastrophale Tsunamis waren die längerfristigen Klimafolgen des Einschlags. Denn bei diesem verdampften große Mengen Gestein und dies setzte auch viele schwefelhaltige Schwebstoffe frei. Diese Sulfat-Aerosole jedoch bildeten einen Schleier in der Atmosphäre, der das Klima stärker abkühlte als bisher angenommen.
„Es wurde kalt, und zwar richtig kalt“, berichtet Brugger. Die globale Jahresmittel-Temperatur fiel um mindestens 26 Grad und blieb drei bis 16 Jahre lang unter dem Gefrierpunkt. Zum Vergleich: Selbst während der Eiszeiten sank die globale Mitteltemperatur nur um fünf bis sechs Grad – und damit deutlich weniger als am Ende der Kreidezeit. Sogar in den Tropen kühlte es von durchschnittlich 27 auf nur noch fünf Grad Celsius ab, wie die Simulationen ergaben.
Schlimmer als Dunkelheit und Brände
„Die große Kälte nach dem Einschlag des Asteroiden, der den Chicxulub Krater in Mexiko formte, ist ein Wendepunkt in der Erdgeschichte“, sagt Brugger. Für die an tropische Wärme gewöhnten Dinosaurier könnte diese Abkühlung besonders fatal gewesen sein. Ihre großen Körper benötigten besonders viel Energie, um ihre Temperatur zu halten, gleichzeitig war durch die Kälte, Brände und Dunkelheit die Nahrung knapp.
„Die langfristige Abkühlung durch die Sulfat-Aerosole war viel wichtiger für das Massensterben als der Staub, der nur vergleichsweise kurz in der Atmosphäre blieb“, sagt Koautor Georg Feulner vom PIK. „Und auch wichtiger als lokale Ereignisse wie die extreme Hitze in der Nähe des Einschlagortes, Waldbrände und Tsunamis.“ Denn das Klima normalisierte sich wahrscheinlich erst nach rund 30 Jahren wieder und der Meteoritenwinter endete.
Giftige Algenblüten
Zusätzlich wurde durch die Klimaveränderung die Ozeanzirkulation gestört: Das Oberflächenwasser kühlte ab, wurde deshalb dichter und damit schwerer. Während diese kühleren Wassermassen absanken, stieg wärmeres Wasser auf und transportierte Nährstoffe an die Oberfläche. Das löste wahrscheinlich eine massive und möglicherweise giftige Algenblüte aus, so die Forscher. Dies beeinträchtigte die Ökosysteme im Meer und auch an den Küsten.
„Es ist faszinierend zu sehen, wie die Evolution teilweise von Zufällen wie dem Einschlag eines Asteroiden angetrieben wird. Massen-Aussterben in der Erdgeschichte zeigen, dass das Leben auf unserer Erde durchaus verletzlich ist“, so Feulner. „Es veranschaulicht auch, wie wichtig das Klima für alle Lebensformen auf unserem Planeten ist. Ironischerweise ist heute die direkteste Bedrohung nicht etwa eine natürliche Abkühlung, sondern die menschgemachte Erwärmung.“ (Geophysical Research Letters, 2017; doi: 10.1002/2016GL072241)
(Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), 16.01.2017 – NPO)