Zum ersten Mal ist es gelungen, die DNA einer ausgestorbenen Tierart in einem anderen lebenden Organismus gewissermaßen wiederauferstehen zu lassen: Gene des Tasmanischen Tigers, die ein Forscherteam einer Maus implantiert hatte, sind von deren Zellmaschinerie korrekt abgelesen worden und haben über die so produzierten Proteine eine biologische Funktion ausgelöst.
Einst war der Tasmanische Tiger, auch Beutelwolf genannt, das größte Raubtier des australischen Kontinents. Doch die Jagd durch den Menschen machte ihm den Garaus. Das letzte Exemplar dieser Art starb 1936 im Zoo von Hobart, Australien. Jetzt hat ein australisch-amerikanisches Wissenschaftlerteam zumindest einem Teil von ihm zur Auferstehung verholfen. Die Forscher isolierten DNA aus einer 100 Jahre alten Gewebeprobe des Beutelwolfs, die im Victoria Museum in Melbourne aufbewahrt wurde. Gezielt wählten sie dabei das Gen Thylacine Col2a1 aus, um es in einen Mausembryo einzuschleusen.
Altes Gen in neuem Organismus
„Bis jetzt konnten wir nur Gensequenzen von ausgestorbenen Tieren analysieren“, erklärt Marilyn Renfree, Professorin für molekulare Genetik an der Universität von Texas und Hauptautorin der Studie. „Diese Technik wurde entwickelt, um einen Schritt weiter zu gehen und die Funktion eines ausgestorbenen Genes in einem ganzen Organismus untersuchen zu können.“
Das Ergebnis zeigte, dass das Gen tatsächlich von der zelleigenen Maschinerie der Maus abgelesen wurde und seine Funktion ausübte. Dabei übernimmt das Thylacine Col2a1-Gen des Beutelwolfs offenbar die gleichen Aufgaben für die Knorpel- und Knochenentwicklung, wie das mauseigene Gen Col2a1.
Neuer Zugang zu ausgestorbener Lebenswelt
„Das ist das erste Mal, dass DNA einer ausgestorbenen Art eingesetzt wurde, um eine funktionelle Antwort in einem anderen lebenden Organismus hervorzurufen“, so Andrew Pask von der Universität von Melbourne. Sein Kollege Richard Behringer von der Universität von Texas ergänzt: „Diese Forschung hat ein enormes Potenzial für viele Anwendungen, darunter die Entwicklung neuer biomedizinischer Wirkstoffe, aber auch für ein besseres Verständnis der Biologie ausgestorbener Tiere.“
In einer Zeit, in der überall auf der Welt immer mehr Tier- und Pflanzenarten aussterben, könnte diese Methode dazu beitragen, wenigstens die genetische Information über die einstige Biodiversität zu erhalten. „Für die Arten, die schon ausgestorben sind, zeigt unsere Methode, dass der Zugang zu ihrer genetischen Vielfalt nicht vollkommen verloren ist“, so Renfree.
(Public Library of Science, 23.05.2008 – NPO)