Abschmelzende Polkappen auf der Nordhemisphäre am Ende der letzten Eiszeit sorgten für den bisher stärksten Anstieg des Meeresspiegels in der Erdgeschichte. Dies haben jetzt Frankfurter Forscher in einer neuen Studie herausgefunden, über die sie in der Fachzeitschrift „Marine Geology“ berichten. Sie haben aber auch noch Erstaunliches entdeckt: Die Korallenriffe der Malediven trotzten den Wassermassen und wuchsen mit.
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Während der letzten 10.000 Jahre, dem Holozän, stieg der Meeresspiegel nach Angaben der Wissenschaftler anfangs mit extrem hohen Raten von mehr als 15 Metern pro tausend Jahre an. Das entspricht einem Anstieg von mehr als einem Meter während eines Menschenlebens.
Neue Erkenntnisse aus der Datierung von Bohrkernen
„Diese Raten übersteigen den für das 21. Jahrhundert im Bericht des Weltklimarates IPCC geschätzten Anstieg von 20 bis 60 Zentimeter um das 250- bis 750-fache“, erklärt der Geowissenschaftler Professor Eberhard Gischler von der Goethe-Universität Frankfurt. Der Biosedimentologe gewann die Meeresspiegel-Daten aus der Datierung von Bohrkernen.
Die in Marine Geology vorgestellte erste Meeresspiegel-Kurve für die Malediven reicht über etwa 10.000 Jahre. Interessanterweise wuchsen die Atoll-Riffe der Inselgruppe mit diesem rasant ansteigenden Meeresspiegel mit, ohne im Meer zu versinken.
Malediven als Opfer des Klimawandels?
Etwa vor 7.000 bis 6.000 Jahren verlangsamte sich nach den Ergebnissen der Forscher dann der Anstieg drastisch und sank zunächst auf Raten von zwei Metern pro tausend Jahre ab. Im Zeitraum der letzten 6.000 Jahre schließlich stieg der Spiegel durchschnittlich nur noch um 25 Zentimeter pro tausend Jahre bis auf das heutige Niveau an. In dieser Zeit bildeten sich, so die Forscher, vermutlich auch die ersten Inseln in der Region der Malediven. Auch diese Anstiegsraten liegen noch etwa vier bis zwölf mal höher als die für das 21. Jahrhundert prognostizierten Werte.
Ob die Inseln der Malediven, wie viele andere flache Riff-Inseln im indopazifischen Raum, in Zukunft im Meer versinken oder bestehen bleiben, wollen Gischler und sein Team durch weitere Forschungen und umfassendere Datensätze klären.
Riffwachstum gleicht Meeresspiegelanstieg aus – normalerweise
„Unter normalen Bedingungen sollten die prognostizierten Anstiege des Meeres im 21. Jahrhundert leicht durch das Riff-Wachstum ausgeglichen werden können“, urteilt Gischler mit Blick auf die neue Meeresspiegel-Kurve. Allerdings werde das Wachstums-Potenzial der Korallen-Riffe durch zwei Dinge negativ beeinflusst. Zum einen haben wiederholte extreme Wärme-Ereignisse wie zuletzt 1998 einen Großteil der Korallen zerstört.
Zum anderen führt der Mensch-gemachte Anstieg von CO2 in der Atmosphäre zu einer Versauerung der Weltmeere, die es den Riff-Korallen immer schwerer macht, ihr Kalk-Skelett zu bilden, so die Forscher.
(idw – Goethe-Universität Frankfurt am Main, 13.01.2010 – DLO)