Eine neue Generation von Satelliten soll zukünftig das Magnetfeld der Erde in extrem hoher Auflösung vermessen. Für das Jahr 2010 plant die European Space Agency (ESA) mit SWARM den Start von gleich drei hochmodernen Satelliten. Diese basieren technologisch weitgehend auf der derzeit äußerst erfolgreichen CHAMP-Mission, betrieben vom GeoForschungZentrums Potdams (GFZ). Die Wissenschaftler erhoffen sich dadurch nicht nur neue Erkenntnisse über das geomagnetische Feld, sondern wollen auch neue Rohstofflager im Erdinneren aufspüren oder die Zuverlässigkeit der Navigation von Schiffen und Flugzeugen verbessern.
Es ist nicht zu sehen, nicht zu fühlen und nicht zu schmecken: das Magnetfeld der Erde verbirgt sich vor unseren Sinnen und ist doch überaus nützlich. Denn dieser Schutzschild bewart uns vor der schädlichen kosmischen Strahlung, die ansonsten für Reisende in Flugzeugen oder Astronauten auf der Raumstation tödlich sein könnte. Doch trotz seiner enormen Wichtigkeit und der Forschungserfolge in den letzten Jahren birgt das irdische Magnetfeld immer noch viele Geheimnisse: Warum kommt es regelmäßig im Abstand von mehreren hunderttausend Jahren zu einer Umpolung, bei der die magnetischen Nord- und Südpole ihre Lage tauschen? Wie und wo genau entstehen die elektrischen Ströme im Erdinneren, die das Feld erzeugen, und welche langfristigen Folgen haben die Veränderungen des Magnetfelds auf unser Klima?
Trio im Weltall
Um dieses Geheimnis zu lüften, schickt die ESA im Jahr 2010 das Satelliten-Trio SWARM auf ihre polare Umlaufbahn ins Weltall. Zwei Satelliten fliegen in einem Abstand von 150 Kilometern exakt nebeneinander her und umkreisen die Erde in einer Höhe von 450 Kilometern. Mit großem Abstand zu diesem Zwillingspaar wird der dritte im Bunde seine Kreise in rund 530 Kilometern Höhe ziehen.
Mithilfe hochempfindlicher Messgeräte registrieren die Satelliten die Ausrichtung und Intensitäten der magnetischen Feldstärke. Messungen bis zu Bruchteilen eines Millionstel zeigen das Magnetfeld in bislang einmaliger Auflösung und liefern Daten, um die verschiedenen Quellen des Magnetfeldes unterscheiden zu können. Im Auftrag der ESA ist EADS Astrium, Friedrichshafen für die Entwicklung der drei Satelliten verantwortlich. Das GFZ mit seinen Erfahrungen aus der CHAMP-Mission übernimmt eine wichtige Rolle im Entwicklungsteam. Die Kosten für den Bau der kleinen Flotte in den kommenden vier Jahren liegen bei schätzungsweise 86 Millionen Euro.
Die gesteckten ehrgeizigen Ziele der kommenden ESA-Mission lassen sich nicht mehr mit Einzelsatelliten erreichen. Nur wenn man die Gebiete von speziellem Interesse aus verschiedenen Blickwinkel gleichzeitig betrachtet, kann man die gewünschte Auflösung erzielen. In einer von der ESA in Auftrag gegebenen Studie, an der das GFZ maßgeblich beteiligt war, hat gezeigt, dass drei Satelliten gerade das Optimum für das Preis-/Leistungsverhältnis darstellen.
Ozeanisches Magnetfeld
SWARM wird der direkte Nachfolger der zurzeit äußerst erfolgreichen CHAMP-Satellitenmission und vermutlich eine vier- bis fünfmal so große Genauigkeit erreichen. Bereits mithilfe von CHAMP konnten die Wissenschaftler des GFZ viele Rätsel um das Erdmagnetfeld lösen: So ist inzwischen bekannt, dass das Magnetfeld nicht nur durch die Ströme der Nickel-Eisen-Schmelze im äußeren Erdkern entsteht, sondern auch durch sekundäre Magnetfelder von Mineral- und Gesteinslagerstätten oder von ionosphärischen Strömen überlagert wird. Völlig überraschend war die Entdeckung von CHAMP, dass sogar die Gezeiten der Ozeane ein eigenes Magnetfeld erzeugen. Dieses entsteht bei jedem Tidenhub aufgrund der Bewegung der salzhaltigen und somit leitfähigen Wassermassen durch das Magnetfeld der Erde.
Neben der wissenschaftlichen Grundlagenforschung hat die Kartierung des Magnetfelds und seiner Anomalien aber auch durchaus einen praktischen Wert. Denn da verschiedene Gesteine und geologische Strukturen bestimmte Muster im Erdmagnetfeld hervorrufen, können Forscher durch die genaue Kartierung von Feldanomalien einen Rückschluss auf das Erdinnere ziehen. Beispielsweise verhalf die Entdeckungen von magnetischen Streifen beidseitig des Mittelatlantischen Rückens der Theorie der Plattentektonik zum Durchbruch. Die angestrebte Messgenauigkeit lässt auch Rückschlüsse auf kleinräumige Strukturen in der Erdkruste zu und könnte somit zukünftig auch die Suche nach Rohstoffen wie Erdöl, Mineralien oder Wasser erleichtern.
(GFZ Potsdam / ESA, 06.01.2006 – AHE)