Seit 60 Jahren vermutet, jetzt endlich entdeckt: Ein NASA-Team hat erstmals das ambipolare Feld der Erde nachgewiesen – ein schwaches, aber erdumspannendes elektrisches Feld. Dieses bildet neben Magnetfeld und Schwerefeld das dritte Energiefeld unseres Planeten und prägt die Grenze zum Weltall. Denn das ambipolare Feld hebt die irdische Ionosphäre um 271 Prozent und löst das seit Jahrzehnten bestehende Rätsel um den Polarwind aus überschallschnellen Protonen, wie die Forschenden in „Nature“ berichten.
In den 1960er Jahren entdeckten Forschende Seltsames: An den beiden Polen der Erde rasen Ströme von Protonen mit Überschalltempo ins All hinaus – sie bilden den sogenannten Polarwind. Doch was treibt ihn an? Die Energie des Sonnenlichts oder das Magnetfeld scheiden als Motor aus, wie man schnell feststellte, denn diese müssten den ionisierten Wasserstoff aufheizen. Die Polarwindteilchen sind jedoch kalt. Was aber macht die Protonen dann so schnell, dass sie der irdischen Schwerkraft entfliehen können?
Elektrostatisches Feld als Triebkraft?
„Irgendetwas muss diese Teilchen aus der Atmosphäre hinauskatapultieren“, sagt Erstautor Glyn Collinson vom Goddard Space Flight Center der NASA. Doch über den „Motor“ dieses Polarwinds rätseln Wissenschaftler schon seit 60 Jahren. Eine der Vermutungen: Möglicherweise existiert in der Ionosphäre ein schwaches, aber globales elektrostatisches Feld. Dieses entsteht, weil in dieser Höhe Atome ionisiert werden und ein Plasma aus positiven, schwereren Atomrümpfen und negativen, leichten Elektronen entsteht.
„Das Feld entsteht, weil die von ihrer Wärmeenergie angetriebenen ionosphärischen Elektronen versuchen, ins All zu entkommen“, erklären Collinson und sein Team. Doch die positiv geladenen Atomrümpfe halten sie fest. Als Folge dieses Ladungseffekts entsteht zwischen Elektronen und positiv geladenen Ionen ein schwaches, in beide Richtungen wirkendes und daher ambipolares elektrisches Feld. Das Problem jedoch: Bisher fehlten Messinstrumente, die sensibel genug sind, um dieses schwache Feld vor Ort – in hunderten Kilometer Höhe – nachzuweisen und von anderen elektrischen Effekten zu unterscheiden.