Knappe Ressource: Forscher haben detailliert untersucht, wo der Pflanzennährstoff Phosphor am knappsten ist – und wodurch er verloren geht. Das überraschende Ergebnis: Mehr als 50 Prozent des weltweiten Phosphorverlusts gehen auf die Bodenerosion zurück – sie schwemmt den Nährstoff aus den Böden in die Gewässer. Besonders betroffen sind davon Afrika, Osteuropa und Südamerika, in Deutschland spielt die Erosion dagegen nur eine geringe Rolle für den Phosphorverlust.
Phosphor ist für das Pflanzenwachstum unentbehrlich, aber weltweit knapp. Im natürlichen Phosphorkreislauf gelangt der Nährstoff zwar über Dung, Mist oder absterbende Pflanzenteile zurück in den Boden. Doch in der Landwirtschaft wird diese Rückführung durch die Ernte unterbunden. Dadurch muss Phosphor durch Düngen zugesetzt werden. Das Phosphor dafür wird aus phosphathaltigen Gesteinsformationen gewonnen und ist daher eine begrenzte Ressource – sofern es nicht rückgewonnen wird.
Wie lange reichen die Ressourcen und wer hat Zugriff?
„Phosphordünger kommen aus nicht erneuerbaren geologischen Lagerstätten und sind daher eine zunehmend knappe Ressource“, konstatieren Christine Alewell von der Universität Basel und ihre Kollegen. Ändert sich nichts, wird der Phosphor für die weltweite Landwirtschaft irgendwann zur Neige gehen. Schon jetzt kommt es auf dem Weltmarkt immer wieder zu drastischen Preisanstiegen und vorübergehender Knappheit.
Wann jedoch die geologischen Ressourcen erschöpft sein werden, ist strittig. So wurden kürzlich zwar neue große Vorkommen in der Westsahara und Marokko entdeckt, die den weltweiten Bedarf für Dünger mehrere hundert Jahre decken könnten. Doch es ist unklar, wie leicht zugänglich dieses Phosphor ist und wer dann den Zugriff auf diese Ressourcen bekommt. China, Russland und die USA bauen ihren Einfluss in diesen Gebieten bereits aus. Europa hat praktisch keine eigenen Phosphorvorkommen.
Mehr als 50 Prozent gehen durch Erosion verloren
Umso wichtiger ist es, die Prozesse genau zu kennen, durch die Phosphor aus den Böden verloren geht. Bisher galten hierfür fehlendes Recycling, wenig Zufuhr aus biologischen Quellen wie Mist oder Pflanzen und ein generelles Missmanagement der Phosphorressourcen als Hauptursachen. Welche Rolle die bislang eher wenig berücksichtigte Erosion für den weltweiten Phosphorverlust aus Böden spielt, haben nun Alewell und ihr Team erstmals auf Basis von Erosions- und Phosphorgehaltsdaten und Modellen untersucht.
Das Ergebnis: Im Schnitt verlieren die global landwirtschaftlich genutzten Böden 6,3 Millionen Tonnen Phosphor pro Jahr allein durch die Erosion – die Ausschwemmung von Boden und Nährstoff durch Wasser. Damit jedoch gehen mehr als 50 Prozent des weltweiten Phosphorverlusts in der Bodenbewirtschaftung auf die Bodenerosion zurück. „Global liegen die Phosphorverluste durch Bodenerosion damit höher als der Verlust durch das organische Bodenmanagement“, berichten die Forscher.
Afrika, Südamerika und Osteuropa am stärksten betroffen
Besonders stark betroffen sind Afrika, Osteuropa und Südamerika. Sie haben die größten erosionsbedingten Verluste an Phosphor. In Afrika gehen vielerorts zwischen zehn und 20 Kilogramm Phosphor pro Hektar und Jahr verloren, in den Küstengebieten Südamerikas und Teilen des Balkans sind es ähnlich viel. Mittel- und Westeuropa gehören dagegen zu den Regionen, die relativ wenig von erosionsbedingten Phosphorverlusten betroffen sind. Diese machen nur rund 19 Prozent der Gesamtverluste aus.
„Eigentlich ist das paradox, da Afrika über die größten geologischen Phosphorvorkommen verfügt“, sagt Alewell. „Der dort gewonnene Phosphor wird aber exportiert und kostet für Landwirte in Ländern Afrikas das Vielfache von dem, was beispielsweise europäische Bauern dafür bezahlen.“ Hinzu komme, dass es in Afrika zu wenig Vieh gibt, um den Verlust durch Mist und Jauche zu kompensieren. Auch in Osteuropa und Südamerika sind die Kosten für Phosphordünger für viele Landwirte ein entscheidender Faktor.
Für Teile Chinas sind die erosionsbedingten Phosphorverluste zwar ebenfalls so hoch, dies wird jedoch durch gezielte Rückgewinnungsprogramme von Phosphor aus Mist, Kot und Abwasser, sowie durch intensive Düngung jedoch größtenteils ausgeglichen, wie Alewell und ihr Team berichten.
Kampf gegen Erosion erhält auch den Phosphor
„95 Prozent unserer Nahrungsmittel werden direkt oder indirekt durch das Pflanzenwachstum auf Böden produziert“, erklärt Alewell. „Der schleichende Verlust des Pflanzennährstoffs Phosphor betrifft daher alle Menschen und Gesellschaften.“ Wenn Länder ihre Unabhängigkeit von jenen Staaten sichern wollen, die über die verbliebenen großen Vorräte verfügen, müssen sie darauf abzielen, Phosphorverluste ihrer Böden zu minimieren.
Eine drastische Reduktion der Bodenerosion sei dabei ein wichtiger und großer Schritt in die richtige Richtung, so die Forscher. Landwirte können Erosion beispielsweise vermindern, indem sie auf möglichst lange Bodenbedeckung beispielsweise durch Mulchen, Gründüngung und Zwischensaat achten, sowie auf eine der Topografie angepasste Bewirtschaftung, beispielsweise Feldbearbeitung quer zum Hang oder Terrassierung. (Nature Communications, 2020; doi: 10.1038/s41467-020-18326-7)
Quelle: Universität Basel