Ob als langjähriger Präsident der GeoUnion/Alfred-Wegener-Stiftung (AWS) oder als Initiator der Messe geotechnica in den 1990er Jahren – Prof. Friedrich Strauch gilt als Urgestein der Geowissenschaften. Für seinen lebenslangen wissenschaftlichen Einsatz wurde Strauch unlängst mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. In einem Interview gibt der ehemalige Lehrstuhlinhaber des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Münster Auskünfte über seine Laufbahn.
GeoUnion:
Ihr Leben hatten Sie schon als Jugendlicher der Paläontologie gewidmet. Was ist für Sie das Faszinierende an dieser Wissenschaft?
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Strauch:
Mit etwa zehn Jahren begann ich, alles zu sammeln, was die Natur mir bot. Lebendes hielt ich in Aquarien und Terrarien. Das Schlüsselerlebnis war sicherlich der erste eigenständige Fund eines Fossils im Alter von zwölf Jahren. Ich begriff, dass ich einen konkreten Beleg, quasi eine Augenblicksaufnahme einer fast unendlichen Entwicklungsreihe eines Evolutionszweiges in Händen hielt. Außerdem habe ich dahinter immer den Geist eines unendlichen Gottes gesehen, der in der Evolution seine Großartigkeit erspüren lässt. Mit diesem Erlebnis erlag ich der Faszination der Paläontologie. Während meiner Forschungstätigkeiten konzentrierte ich mich dabei nicht nur auf die Evolution von Stammeslinien, sondern auch auf die Evolution von ganzen Ökosystemen.
GeoUnion:
Sie haben lange Zeit im Präsidium der GeoUnion/AWS mitgewirkt. Was war das Ziel Ihres Engagements?
Strauch:
Das größte Anliegen bestand sicherlich darin, die Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Disziplinen der Geowissenschaften zu überwinden. Warum sollten diese nicht wieder näher zusammen arbeiten und gemeinsam an den spannenden Zukunftsfragen der Geowissenschaften arbeiten? Die Dachgesellschaft GeoUnion/AWS macht genau dies möglich. So lassen sich vor allem im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit viele Aufgaben gemeinsam besser lösen, als wenn jede Fachgesellschaft mit eigener Stimme spricht. Darüber hinaus lag mir vor allem am Herzen, die Rolle der Paläontologie innerhalb der Geowissenschaften zu stärken. Denn nur sie zeigt die prägenden Beziehungen der Biosphäre zur Litho-, Hydro- und Atmosphäre unseres Planeten auf.
GeoUnion:
In der ehemaligen DDR haben Sie maßgeblich bei der Um- und Neugestaltung der Geowissenschaftlichen Einrichtungen mitgewirkt. Was waren dort die größten Herausforderungen?
Strauch:
Die Geowissenschaften hatten in der DDR eine ganz besondere Stellung, da es dort ein eigenes Ministerium für Geologie gab. Allerdings unterlagen die Geowissenschaften einer gewissen Geheimhaltung und waren kontrollierbar auf nur wenige Standorte konzentriert. Nach der Wiedervereinigung lag die Herausforderung daher in der Wiedereröffnung der klassischen Universitätsstandorte. Aber auch der Erhalt bereits bestehender geowissenschaftlicher Museen oder die Umwandlung der Potsdamer Akademie waren nicht einfach. So lag ein schwerer Misserfolg beispielsweise darin, das umfangreiche Bohrkernlager der DDR in Bernau nicht erhalten zu können.
GeoUnion:
Die Messe geotechnica wurde von Ihnen ins Leben gerufen, findet heute allerdings nicht mehr statt. Warum?
Strauch:
Die Idee einer Geomesse stammte ursprünglich von Dr. Franz Goerlich, doch ich hatte das Glück, als AWS-Präsident der Hauptverantwortlicher für die geotechnica in den Jahren 1991, 1993, 1995 und 1997 zu sein. So konnte ich die Veranstaltung als internationale Messe und Kongress für Geowissenschaften und Geotechnik nach meinen Vorstellungen prägen. Dazu gehörte vor allem, die Veranstaltung zu einem internationalen Schaufenster für die politische Öffentlichkeit zu machen. Dies sollte die Bedeutung geowissenschaftlichen Know-hows ins Bewusstsein der Verantwortlichen tragen, sei es in Bezug auf Sicherung der Ressourcen oder des Umweltschutzes. Das wurde auch von vielen führenden Politikern des In- und Auslands anerkannt.
Ab 1999 erfolgte die Weiterführung der Geomesse dann zusammen mit der Bergbaumesse – allerdings nicht mehr unter meiner Leitung. Wahrscheinlich durch Managementfehler konnte die geotechnica in der Folgezeit leider keine Gewinne mehr einfahren. Diese waren bis dahin über eine Fördergesellschaft der AWS zugeflossen. Durch die baldige Einstellung der Messe verlor die AWS allerdings nicht nur eine Einnahmequelle, sondern auch ein wirksames Werbeinstrument. So wurde beispielsweise im Rahmen der geotechnica stets der Heitfeld-Preis publikumswirksam verliehen.
GeoUnion:
Sie befinden sich offiziell im Ruhestand – gilt das auch für Ihr wissenschaftliches Interesse?
Strauch:
Nein, natürlich nicht. Viele der von mir initiierten Forschungsprojekte blieben durch mein Engagement in den verschiedenen Bereichen der Geowissenschaften zum Teil unerledigt. Einiges hoffe ich noch nacharbeiten zu können. Dies betrifft auch die Betreuung von Dissertationen oder die Kooperationen mit ausländischen Kollegen. So erwarte ich noch in diesem Jahr einige Gäste aus Griechenland und Albanien in meinem alten Institut zur gemeinsamen wissenschaftlichen Arbeit.
GeoUnion:
Vielen Dank für das Gespräch.
(Prof. Dr. Friedrich Strauch, 30.01.2007 – AHE)