Geowissen

Ein zweiter Krater unter dem Grönlandeis

Forscher entdecken älteren "Zwilling" des Hiawatha-Kraters in Nordwest-Grönland

Paterson-Krater
Unter mehr als zwei Kilometern Eis im Nordwesten Grönlands liegt ein zweiter großer Einschlagskrater © NASA Goddard

Zweiter Einschlag: Im Nordwesten Grönlands haben NASA-Forscher einen zweiten großen Einschlagskrater unter dem Eis entdeckt. Der neue Fund ist mit gut 36 Kilometern Durchmesser sogar leicht größer als der im November 2018 entdeckte „Hiawatha“ und liegt nur rund 180 Kilometer entfernt. Die stärkere Erosion und ältere Eisschichten über dem neuen Krater sprechen allerdings dafür, dass er nicht zur gleichen Zeit entstand.

Zahlreiche Krater zeugen davon, dass die Erde im Laufe ihrer Geschichte immer wieder von Asteroiden und Meteoriten getroffen wurde. Während jedoch Krater auf dem Mond über Jahrmillionen fast unverändert erhalten bleiben, werden sie auf der Erde durch Wind, Eis und Wasser abgetragen oder von Vegetation überdeckt. Die Entdeckung des 31 Kilometer großen Hiawatha-Kraters unter dem Eis Nordwest-Grönlands im November 2018 war daher eine Besonderheit.

Auffallend runde Senke unter dem Eis

„Es ist extrem selten, neue große Einschlagskrater auf der Erde zu entdecken, erst recht, wenn sie unter Eis vergraben liegen“, erklären Joseph McGregor vom Goddard Space Flight Center der NASA und seine Kollegen. Denn bisher ging man davon aus, dass das Eis alle Spuren vergangener Einschläge längst abgetragen und glattgeschliffen hat. Nachdem jedoch Hiawatha das Gegenteil bewiesen hatte, suchten die Forscher in topografischen Karten des Felsuntergrunds und in Daten von NASA-Satelliten nach Hinweisen auf weitere unter dem Grönlandeis verborgene Krater.

Patersonkrater2
Der neue Krater liegt nur rund 183 Kilometer südöstlich des Hiawatha-Kraters. © NASA/ SVS

Und sie wurden fündig: Etwa 180 Kilometer südöstlich von Hiawatha entdeckten die Forscher eine zweite, auffallend runde Senke unter dem Eis. Nähere Analysen enthüllten, dass diese Senke rund 36 Kilometer groß und rund 160 Meter tief ist. „Die einzige andere runde Struktur, die eine solche Größe erreichen könnte, wäre eine kollabierte Vulkan-Caldera“, erklärt McGregor. „Aber die Gebiete mit bekannter vulkanischer Aktivität liegen mehrere hundert Kilometer weit weg.“

Ein zweiter Einschlagskrater

Auffallend auch: Die runde Senke besitzt einen erhöhten Kraterrand und rund 100 Meter hohe zentrale Erhebungen – möglicherweise die Relikte eines zentralen Erhebungsrings, wie er für größere Einschlagskrater typisch ist. Ebenfalls charakteristisch sind eine negative Schwerkraftanomalie und eine ebenfalls negative Magnetanomalie an dieser Stelle, wie die Wissenschaftler berichten. „Ein Vulkan müsste eine positive Magnetanomalie haben – und das sehen wir hier nicht“, so McGregor.

Nach Ansicht der Forscher handelt es sich demnach bei dem neuen Fund sehr wahrscheinlich um einen zweiten großen Impaktkrater unter dem Grönlandeis. „Einen großen Krater unter dem Eis zu finden war schon ziemlich aufregend, aber jetzt sieht es so aus, als könnte es gleich zwei von ihnen geben“, sagt McGregor. „Diese Funde wecken die Frage, wie viele andere Einschlagskrater noch unter dem Eis verborgen auf ihre Entdeckung warten.“

Der zweite Krater unter dem Grönlandeis – aufgespürt mithilfe von Satellitendaten und Eisradar.© NASA/ Goddard Space Flight Center, Jefferson Beck

Sind die Krater gemeinsam entstanden?

Und noch eine Frage stellt sich: Sind beide Einschlagskrater gemeinsam entstanden? Ähnlich wie das Nördlinger Ries und das Steinheimer Becken in Deutschland könnten die beiden Krater durch Bruchstücke desselben Meteoriten gebildet worden sein. „Solche Zwillingskrater existieren, weil rund 15 Prozent der erdnahen Asteroiden aus zwei oder sogar mehr Teilen bestehen“, erklären die Forscher.

Allerdings: Der neue, vorläufig „Paterson“ getaufte Krater scheint stärker erodiert zu sein als der Hiawatha-Krater. Zudem liegt er unter deutlich älterem Eis, wie die Forscher berichten. Das könnte darauf hindeuten, dass der neuentdeckte Krater älter ist als Hiawatha. Dann müssten beide trotz ihrer Nähe durch zwei getrennte Einschläge entstanden sein.

„Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“

„Solche nicht verknüpften, aber nahe zusammenliegenden großen Einschläge sind zwar statistisch unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“, konstatieren die Forscher. Demnach entsteht im Schnitt alle 1,5 Millionen Jahre ein Krater von 31 Kilometern Größe. Dass zwei davon nur 180 Kilometer auseinander liegen, dürfte nur alle sieben Milliarden Jahre vorkommen – rein theoretisch.

Doch zwei solcher „falschen Zwillinge“ sind bereits auf der Erde entdeckt worden: ein Kraterpaar in der Ukraine und die Clearwater-Lake-Krater im kanadischen Quebec. Diese überlappen sich sogar, obwohl sie mit 180 Millionen Jahren Abstand entstanden sind. „Die Existenz eines dritten solchen Paares ist zwar überraschend, aber nicht ausgeschlossen“, betont McGregor. Wie alt die beiden Grönland-Krater wirklich sind und wie sie entstanden, muss nun weiter untersucht werden. (Geophysical Research Letters, 2019; doi: 10.1029/2018GL078126)

Quelle: NASA

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Armageddon - Der Einschlag von Nadja Podbregar, Ralf Blasius, Harald Frater und Stefan Schneider

Kosmische Kollisionen - von Lars Lindberg Christensen, Davide de Martin und Raquel Yumi Shida

Top-Clicks der Woche