Globus in 2D: Forscher haben eine neue Kartenprojektion entwickelt, die die Erde auf bisher genaueste Weise zeigt. Sie weist im Vergleich zu anderen Projektionen die geringsten Verzerrungen gegenüber dem Globus auf, wie die Wissenschaftler erklären. In Bezug auf Flächen-, Winkel- und Längentreue sowie drei weitere Parameter sei sie der wahren Gestalt der Erde am nächsten. Diese Projektion eignet sich auch gut für die Darstellung anderer Planeten.
Unser Erde ist eine Kugel – und genau das macht es so schwer, sie in zweidimensionaler Form darzustellen. Es ist nahezu unmöglich, bei solchen Kartennetzentwürfen alle Parameter des Globus verzerrungsfrei abzubilden. Je nach Einsatzzweck werden daher verschiedene Projektionen verwendet, die in dem jeweils entscheidenden Faktor – Winkel, Fläche, Länge oder auch Form – möglichst präzise sind.
So ist die klassische Mercator-Projektion zwar winkeltreu, was der Navigation entgegenkommt. Dafür aber sind die Flächen zu den Polen hin massiv gedehnt und verzerrt. Gebiete der hohen Breiten erscheinen daher viel zu groß. Flächentreue Netzentwürfe wie die Peters-Projektion oder die elliptische Mollweide-Projektion zeigen zwar Länder und Regionen in korrektem Größenverhältnis, verzerren aber ihre Form.
Auf der Suche nach dem besten Kompromiss
Eine andere Möglichkeit ist es, Karten zu entwickeln, die einen Kompromiss eingehen. Sie sind in keinem Parameter ganz korrekt, haben aber in der Summe gesehen die geringsten Verzerrungen. Eine Skala, an der ablesbar ist, wie naturgetreu eine Karte in sechs wesentlichen Parametern ist, haben vor einigen Jahren J. Richard Gott von der Princeton University und David Goldberg von der Drexel University entwickelt.
Sie berücksichtigen dafür die Treue in der Form, der Fläche, den Längen, den Winkeln und der Biegung der Gradlinien sowie die Symmetrie und das Auftreten von Lücken – beispielsweise bei angeschnittenen oder gelappten Karten. Nach dieser Karte ist die Winkel-Tripel-Projektion die Kartenform mit den geringsten Verzerrungen – sie erreicht den relativ niedrigen Wert von 4,563. Allerdings teilt sie den Pazifik und stellt die Entfernung von Asien nach Hawaii zu groß dar.
Gott und Goldstein entwickelten daher 2010 eine eigene Abwandlung dieser Projektion, die an den Polen etwas breiter läuft und einen noch etwas geringen Verzerrungs-Wert von 4,497 erreichte.
Halbkugeln getrennt projiziert
Doch das genügte den Forschern nicht. Sie haben nun gemeinsam mit ihrem Kollegen Robert Vanderbei eine ganz neue Kartenprojektion entwickelt. Diese knüpft an die Tradition alter Kartografen an, die Erde in zwei kugeligen Hälften darzustellen. „Damit schlagen wir eine Art der Karte vor, die die Winkel-Tripel-Projektion in allen sechs Parametern schlägt“, sagt Gott. „Es ist die genaueste je entworfene Flachkarte.“ In der Gott-Goldberg-Skala erreicht sie den Wert 0,881.
Konkret nutzt die neue Karte eine Projektion, bei der beide Halbkugeln getrennt voneinander über sogenannte Envelope Polyeder abgebildet werden, wie die Forscher erklären. Diese geometrischen Formen erlauben eine Projektion des Gitternetzes, die ein hohe Längentreue besitzt, aber gleichzeitig auch die Flächen gering verzerrt. Auch in den anderen Parametern sei diese Variante der mittabstandstreuen Azimutalprojektion der Winkel-Tripel-Projektion ebenbürtig.
Rücken an Rücken für die Längentreue
Der Clou jedoch: Diese Karte ist doppelseitig: Die beiden Globushälften werden Rücken an Rücken gedruckt oder zusammengeklebt. Dadurch bleiben die Entfernungen auch über den „Knick“ hinweg korrekt. „Wenn Sie eine Ameise wären, könnten Sie von einer Seite dieses Schallplattenkarte auf die andere krabbeln“, sagt Gott. „Afrika und Südamerika reichen über den Knick hinweg wie ein Betttuch über einer Wäscheleine, aber ihre Darstellung ist zusammenhängend.“
Diese doppelseitige Weltkarte kann entweder in der verzerrungsfreiesten Projektionsform mit den Polen im Zentrum und dem Äquator jeweils am Außenrand dargestellt werden. Möglich ist aber auch eine Darstellung, bei der eine Seite die westliche, die andere die östliche Hemisphäre zeigt. „Im Prinzip ist unsere Karte damit einem Globus ähnlich: Um alles zu sehen, muss man einen Globus drehen, bei uns klappt man einfach die Seite um“, sagt Gott.
Wie die Forscher erklären, eignet sich diese Projektion auch besonders gut für die Abbildung anderer Planeten. In der Schule oder zuhause könnte man dann Karten dieser Himmelskörper alle bequem in einer Box gestapelt aufbewahren. (Preprint, 2021; arXiv:2102.08176)
Quelle: Princeton University