Tauwetter auf dem Dach der Welt: Der Klimawandel ist selbst auf dem höchsten Berg der Erde angekommen. Messungen auf dem Mount Everest belegen, dass sein Gipfelgletscher in den letzten 25 Jahren mehr als 55 Meter Eis verloren hat. Jedes Jahr dünnt die Eisschicht zudem um weitere zwei Meter aus – und verliert damit jährlich mehr Eis als sie in Jahrzehnten akkumulieren kann. Geht der Trend so weiter, könnten Bergsteiger bald mehr kahle Felsen als Eis und Schnee vorfinden.
Ob Alpen, Anden oder Himalaya – überall auf der Welt schwinden die Gebirgsgletscher. Die globale Erwärmung, abnehmende Schneefälle und lokale Effekte wie dunkle Rußablagerungen auf der hellen Eisoberfläche lassen die Gletscher teils rasant schrumpfen. Als Folge verlieren einige Gebirgshänge ihre Stabilität und Felsstürze und Erdrutsche mehren sich. Langfristig gefährdet der Gletscherverlust zudem die Wasserversorgung ganzer Regionen.

Expedition zum Gipfel des Mount Everest
Doch wie stark die höchsten Berggipfel des Planeten vom Eisschwund betroffen sind, hat ein Forschungsteam um Mariusz Potocki von der University of Maine untersucht. Dafür unternahmen die Forscher im Frühsommer 2019 eine Expedition zum Gipfel Mount Everest und entnahmen von seinem Gipfelgletscher, dem South Col Glacier, in 8.020 Meter Höhe einen Eisbohrkern. Dieser ist damit der in der größten Höhe erbohrte Eiskern und brachte das Team sogar ins Guinness Buch der Rekord.
Zusätzlich installierten die Forschenden an der südlichen Aufstiegsroute und am sogenannte „Balkon“ jeweils eine automatische Wetterstation – auch sie sind die höchsten der Welt. Um das Gelände genau zu kartieren, führten sie zudem die erste helikoptergestützte LIDAR-Vermessung des Mount-Everest-Gipfels durch. Aus der Analyse des Eisbohrkerns und der weiteren Daten rekonstruierten Potocki und sein Team dann, ob und wie viel Eis und Schnee der höchste Gipfel der Welt verloren hat.