Im niedersächsischen Hitzacker stehen die Pegel bei 7,63 Meter – 12 Zentimeter höher als beim Elbhochwasser 2002. Der normale Pegelstand liegt dort bei 2,75 Meter. Die historische Altstadt ist überflutet und tausende Helferinnen und Helfer sind im Einsatz. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Pegel nun den Höchststand erreicht haben.
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„Das Ausmaß wirkt außerordentlich bedrohlich“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, als sie am Sonntagmittag in das Hochwassergebiet gereist war. Sie zeigte sich erschüttert über die Katastrophe und kündigte an zu prüfen, welche Hilfen gemeinsam mit den Ländern geleistet werden könnten. Zunächst müsse man den Rückgang des Hochwassers abwarten, um die Schäden überblicken zu können. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff sagte fünf Millionen Euro Soforthilfe zur Beseitigung der Schäden zu.
Hilfskräfte im Dauereinsatz
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hilft derzeit mit 540 ehrenamtlichen Einsatzkräften in den besonders vom Hochwasser betroffenen Elbregionen in Hitzacker und Lauenburg. In den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Lüneburg bringen Taucher der DLRG Folien aus, um die Deiche von der Wasserseite aus gegen Unterspülung zu sichern. Mit einem Radlader und drei LKW transportieren Helfer der DLRG unentwegt Sandsäcke zu den bedrohten Deichgebieten. 30 Motorrettungsboote der DLRG transportieren im Pendelverkehr Sandsäcke an unzugängliche Deichabschnitte, die mit LKW nicht mehr erreichbar sind. Mit weiteren Booten sichern Bootsführer und Rettungsschwimmer die mit der Verlegung von Sandsäcken beschäftigten Einsatzkräfte.
80 Lebensretter kämpfen zeitgleich in Lauenburg gegen die noch immer ansteigende Elbe, die zurzeit einen Pegelstand von 9,10 Meter erreicht hat, Tendenz weiter leicht steigend. Zu den Aufgaben der Bootsbesatzungen gehören unter anderem der Schutz der Rettungskräfte und freiwilligen Helfer sowie die Treibgutsicherung.
Entwarnung in anderen Regionen
Auch in Mecklenburg-Vorpommern erreichte das Hochwasser Rekordwerte: Mit 6,73 Metern wurde in Boizenburg am Sonntagmorgen der höchste Stand seit Beginn der amtlichen Pegelaufzeichnungen vor 110 Jahren registriert. Im schleswig-holsteinischen Lauenburg ist die Lage weiter kritisch. Die Pegel stehen derzeit bei 9,10 Metern und steigen noch immer. Es wird aber nicht mit einem Anstieg über 9,20 Meter hinaus gerechnet.
Andere Regionen hingegen melden erste Entwarnungen. So war im flussaufwärts gelegenen Dömitz zwar am Samstag mit 6,64 Meter der bisherige Rekord aus dem Jahr 2002 überboten worden, doch steigt der Wasserstand nun nicht mehr weiter an. Im Nordwesten Brandenburgs scheint die Gefahr von Deichbrüchen an der Elbe gebannt und auch in Sachsen-Anhalt stabilisierte sich die Lage weiter.
Zeichen für den Klimawandel?
Das erneute Jahrhunderthochwasser in Norddeutschland entspricht nach Meinung von Greenpeace genau den Szenarien des Klimawandels, die Wissenschaftler voraussagen. Zwar könne ein einzelnes Ereignis die Klimaänderung nicht beweisen, doch in der Häufigkeit der Überschwemmungen sieht die Umweltschutzorganisation einen weiteren Beleg dafür, dass der Klimawandel bereits begonnen hat.
„Extreme Wasserstände der Elbe werden zunehmen. Das gilt nicht nur für Hochwasser. Trockenere und heißere Sommer werden auch dazu führen, dass der Fluss erheblich weniger Wasser führen wird“, sagt Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace. Langfristig könne man dem Hochwasser nur dadurch begegnen, den Flüssen durch Deichrückbau mehr Raum zu geben, Flutpolder auszuweisen und bei Planungen für Hochwasserschutz in die Finanzierung einen Klimazuschlag einzurechnen.
(Bundesregierung; DLRG; Greenpeace e.V., 10.04.2006 – AHE)