Klima

Energiewende: Wie lassen sich Rohstoffe sparen?

Einsparpotenzial auf der Nachfrageseite wurde bisher kaum berücksichtigt

Der Abbau von Metallrohstoffen ist wichtig für die Energiewende – doch er kann auch verheerende Folgen haben. © Opla/ Getty images

Einsparen statt ausbauen: Nachfrageseitige Lösungen, wie Recycling oder Carsharing können dazu beitragen, den globalen Energie- und Materialverbrauch zu verringern – und so auch den umwelt- und klimabelastenden Abbau von Rohstoffen reduzieren, wie Forschende in „Nature Climate Change“ berichten. Bisher werden solche Strategien jedoch in Klimaschutz-Strategien und Modellen kaum berücksichtigt, wodurch der Bedarf oft zu hoch angesetzt wird. 

Der Ausbau Erneuerbarer Energien schreitet voran. Das spart zwar Treibhausgase, doch es kostet dafür an anderer Front: Die Herstellung von Solarzellen, Windrädern oder CO2-Capture Systemen verbraucht viele Rohstoffe, darunter insbesondere Metalle wie Kupfer, Aluminium oder Eisen. Auch Seltene Erden, ohne die etwa Windräder oder Solarzellen nicht funktionieren, sind sehr gefragt. Doch die damit verbundene Rohstoff-Förderung schadet schon jetzt Mensch und Umwelt.

Wie viele Rohstoffe werden gebraucht? 

Aus diesem Grund haben Wissenschaftler vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) die bestehende Forschungsliteratur zum Thema analysiert und daraus geschlossen, wie stark der Bedarf von Lithium, Kupfer und Co. in den nächsten Jahren durch die Energiewende zunehmen wird.  

Zudem ermittelten die Forschenden die jeweiligen sozialen und ökologischen Risiken des Abbaus für jeden der untersuchten Rohstoffe. Häufige Folgen sind etwa ein verstärkter Wasserbedarf, Gesundheitsschäden durch Giftstoffe oder politische Instabilität in der Region. Anschließend schlägt das Team eine Lösung vor, um die Materialbedarfe zu senken und so die Risiken der Erzförderung abzumildern. 

Drastischer Anstieg der Mineralnachfrage 

Das Ergebnis: „Abhängig von den Szenario-Annahmen steigen die Materialbedarfe der Mineralproduktion von 2015 bis 2050 um etwa 200 bis 900 Prozent im Elektrizitätssektor und um 350 bis 700 Prozent im Transportsektor“, berichten Felix Creutzig vom MCC und sein Team. Allein der prognostizierte Solar- und Windkraftausbau wird den jährlichen Stahl- und Aluminiumbedarf mehr als verdoppeln, den Bedarf des für Permanentmagneten wichtigen Seltenerdmetalls Neodym sogar mehr als vervierfachen.  

Der Abbau der verschiedenen Rohstoffe birgt jeweils individuelle Risiken. Während sich die Kobalt-Nachfrage laut Studie bis 2050 beispielsweise mindestens verdoppeln wird, führt dessen Förderung zu Boden- und Grundwasserverschmutzung in der Region. Und nicht nur das: Etwa die Hälfte der globalen Kobalt-Vorkommen liegen in dem Bürgerkriegsland Kongo, wo immer wieder von Unfällen, schweren gesundheitlichen Auswirkungen, sowie gewaltsamen Konflikten infolge der Kobalt-Förderung berichtet wird.  

Nachfrageorientierte Lösungen  

Um die negativen Auswirkungen des steigenden Mineralabbaus zu verringern, schlagen Creutzig und sein Team sogenannte “nachfrageorientierten Lösungen” vor. „Diese Strategien nutzen Verhaltensänderungen, technologische Innovationen und systemische Transformation, um die Nachfrage nach den Materialien zu verringern”, erklären die Forschenden. Beispielsweise lässt sich die Lebensdauer von Produkten verlängern oder deren Reparaturfähigkeit verbessern.  

Konsumänderungen wie beispielsweise Ride- oder Carsharing im Personennahverkehr könnten dazu führen, dass insgesamt weniger Autos produziert werden müssen. Der Materialbedarf, etwa nach Lithium oder Kobalt für Autobatterien, würde entsprechend sinken. Auch weitere Maßnahmen, wie die Verringerung des individuellen Energieverbrauchs durch energieeffiziente Haushaltsgeräte und Gebäude, könnten laut den Forschenden erhebliche Auswirkungen haben.  

Einsparpotenzial bisher kaum berücksichtigt 

Wie hoch die Material-Einsparpotenziale durch nachfrageseitige Lösungen genau sind, können die Forscher noch nicht einschätzen. Das Problem: Die komplexen Beziehungen zwischen Energiebedarf, Materialeinsatz, Gesundheits- und sozialen Risiken, sowie politischen Entscheidungen über Sektoren und Regionen hinweg sind schwer zu quantifizieren. „Um diese Beziehungen zu verstehen, braucht es eine Systemanalyse und außerdem eine Integration von technischem und sozialwissenschaftlichem Fachwissen“, so das Team.  

Eine derartige interdisziplinäre Herangehensweise sollte laut den Forschenden generell mehr Beachtung finden. Laut Creutzig benötigen die gängigen Bewertungsmodelle, darunter auch die Grundlagen für Klimaschutzmodelle, die letztlich die Entscheidungsgrundlage für Regierungen darstellen, entsprechende Updates. „Unsere Studie liefert immerhin schon ein klares Gesamtbild: Nachfrage-Lösungen wirken doppelt segensreich – gegen die Klimakrise und gegen die Plünderung des Planeten.“(Nature Climate Change, 2024; doi: 10.1038/s41558-024-02016-z) 

Quelle: Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH

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