Die Erde ist heute so warm wie seit Tausenden von Jahren nicht mehr. Eine neue Studie von Klimaforschern der NASA kommt zu dem Schluss, dass die schnelle Erwärmung über die letzten 30 Jahre die Temperaturen der Erde in den wärmsten Bereich der gesamten nacheiszeitlichen Warmzeit – und damit der letzen 12.000 Jahre – gebracht hat. Ihre Ergebnisse sind jetzt in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen.
James Hansen vom Goddard Institute for Space Studies der NASA in New York und Kollegen von der Columbia Universität und der Universität von Kalifornien in Santa Barbara (UCSB) werteten für ihre Studie unter anderem die weltweiten Temperaturmessungen des letzten Jahrhunderts aus und verglichen sie mit der Temperaturentwicklung der letzten Millionen Jahre. Die Daten enthüllen, dass die Erde sich in den letzten 30 Jahren um 0,2 Grad Celsius pro Dekade erwärmt hat. Dies stimmt mit der in den 1980er Jahren von den ersten Klimamodellen prognostizierten Rate des Anstiegs gut überein.
Schon jetzt liegen die Temperaturen, so die Studie, nur noch um ein Grad unter dem absoluten Maximum der gesamten letzen Millionen Jahre. „Das bedeutet, dass eine weitere Erwärmung um ein Grad einen kritischen Wert erreicht. Wenn wir die Erwärmung darunter halten, könnten die Auswirkungen noch einigermaßen handhabbar sein“, so Hansen. „Wenn aber die Temperaturen um zwei bis drei Grad steigen, werden wir Veränderungen sehen, die die Erde zu einem anderen Planeten machen als den wir ihn kennen. Zuletzt war es so warm im mittleren Pliozän, vor rund drei Millionen Jahren, als die Meeresspiegel etwas 25 Zentimeter höher lagen als heute.“
Positive Rückkopplung verstärkt polare Erwärmung
Besonders stark von einer Erwärmung betroffen sind die hohen Breiten der Nordhalbkugel. Hier decken tauende Eis- und Schneemassen immer mehr des dunkleren Untergrunds auf und reduzieren damit die kühlende Wirkung der hellen, reflektierenden Schneeoberflächen. Die dunklen Oberflächen absorbieren mehr Wärme und beschleunigen damit die Eisschmelze noch mehr – eine klassische positive Rückkopplung.
Auch der westliche Pazifik und der Indische Ozean sind heute so warm oder sogar wärmer als jemals im gesamten Holozän, der nacheiszeitlichen Warmperiode, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, da die Klimaforscher diese Regionen als Indikatoren für globale Entwicklungen ansehen. „Der westliche Pazifik ist noch aus einem anderen Grund wichtig“, so David Lea von der Universität von Kalifornien. „Er ist der Hauptwärmespeicher für die Weltmeere und die globale Atmosphäre.“
Stärkerer El Nino möglich
Im östlichen Pazifik dagegen hielt sich die Erwärmung bisher in Grenzen. Nach Ansicht der Forscher hängt dies mit dem vor der Westküste Südamerikas aufsteigenden kalten Tiefenwasser zusammen. Die tiefen Wasserschichten sind bisher noch nicht von der Erwärmung betroffen. Der große Temperaturunterschied zwischen beiden Enden des Pazifiks könnte, so befürchten die Forscher, das Auftreten extrem starker El Nino-Phänomene begünstigen. Diese alle paar Jahre auftretenden Ereignisse bringen warme Oberflächenwasser des Westpazifiks weit Richtung Osten und verändern damit die Wetter- und Klimamuster weltweit.
Klimazonen um 40 Kilometer verlagert
Schon jetzt hat die Erwärmung messbare Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt. 1.700 Tier- und Pflanzenarten haben in der letzen Dekade des 20. Jahrhunderts ihren Lebensraum bereits um durchschnittlich sechs Kilometer weiter polwärts verlagert. Diese Migrationsrate reicht allerdings nicht aus, um mit der schnelleren Verlagerung der Klimazonen Schritt zu halten. Denn diese erreichte zwischen 1975 und 2005 bereits 40 Kilometer. „Die schnelle Bewegung der Klimazonen wird für die Arten ein zusätzlicher Stress sein“, so Hansen. „Er addiert sich zu dem Druck durch den Verlust von Lebensräumen durch die menschliche Entwicklung. Wenn wir die Rate der globalen Erwärmung nicht verlangsamen, werden viele Arten aussterben. Im Prinzip verdrängen wir sie von unserem Planeten.“
(NASA, 26.09.2006 – NPO)