Geowissen

Erdinneres: 4.000°C an der Kern-Mantel-Grenze

Bayreuther Forscher legen neue Erkenntnisse vor

Das Mineral Silikat-Perowskit in einer Druckzelle bei 1,25 Millionen Atmosphären, gesehen durch ein Fenster aus Diamant. Die Probe ist auch bei diesem extremen Druck noch sehr gut durchlässig für sichtbares Licht und für Wärmestrahlung. © UBT

Neue Erkenntnisse von Bayreuther Geowissenschaftlern über das Innere unseres Planeten deuten darauf hin, dass die Temperaturen an der Kern-Mantel-Grenze in 2.900 Kilometer Tiefe in der Nähe von 4.000°C liegen. Bislang schwankten Schätzungen zwischen 3.000 und 4.000°C, so die Forscher im Wissenschaftsmagazin „Science“.

Im Zentrum der Erde herrschen sogar Temperaturen bis über 4.000°C. Ein Teil dieser Wärme ist noch Gravitationsenergie von der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren, ein anderer Teil wird durch radioaktiven Zerfall ständig nachgeliefert. Die genaue Temperaturverteilung im Erdinneren ist jedoch nur ungenau bekannt.

Temperatur bisher nicht genau bekannt

Dies liegt daran, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Erdbebenwellen nur sehr indirekte Aussagen über die Temperatur erlaubt. Mit Hilfe von Erdbebenwellen kann man ähnlich wie bei einer Röntgenuntersuchung des menschlichen Körpers die innere Struktur der Erde abbilden. Leider lassen sich auf derartigen Bildern Temperaturunterschiede nur ungenau erkennen.

An der Kern-Mantel-Grenze liegen feste Gesteine über einem Kern von geschmolzenem, dünnflüssigem Nickel-Eisen. Manche Vulkangebiete sind verknüpft mit Strukturen im Erdmantel, die ihre Wurzeln direkt in dieser Grenzfläche haben. Die Temperatur an der Kern-Mantel-Grenze ist jedoch nur unpräzise bekannt.

4.000°C in 2.900 Kilometer Tiefe

In ihrer Studie konnten die Forscher des Bayerischen Geoinstituts an der Universität Bayreuth um Professor Hans Keppler nun zeigen, dass die tatsächliche Temperatur in 2.900 Kilometer Tiefe vermutlich in der Nähe von 4.000°C liegt. Der Schlüssel zur Bestimmung der Temperaturverteilung im Erdinneren liegt in der Messung der Wärmeleitfähigkeit von Mineralen unter hohem Druck.

Bei Temperaturen von einigen tausend °C würde man erwarten, dass Wärme sehr leicht durch Strahlung übertragen wird. Den gleichen Effekt kann man spüren, wenn man vor einem Kaminfeuer sitzt. Lange Zeit hatte man aber geglaubt, dass die Minerale des Erdmantels unter hohem Druck lichtundurchlässig werden, so dass Wärme nicht durch Strahlung übertragen werden kann.

Wärmefluss vom Kern in den Mantel größer als gedacht

Am Bayerischen Geoinstitut wurde nun das optische Verhalten von Silikat-Perowskit, dem Hauptbestandteil des tiefen Erdmantels, bis zu einem Druck von über einer Million Atmosphären untersucht. Hierzu wurde die Probe zwischen den Spitzen von zwei Diamanten extremen Drücken ausgesetzt. Da die Diamanten für Licht durchlässig sind, kann man das Verhalten der Probe unter hohem Druck direkt unter einem Mikroskop beobachten. Silikat-Perowskit bleibt auch bei über einer Million Atmosphären für sichtbares Licht und für Wärmestrahlung sehr transparent.

Dies bedeutet, so die Wissenschaftler, dass der Wärmefluss vom Kern in den Mantel bis zu 50 Prozent höher ist als bisher angenommen, mit entsprechend höheren Temperaturen im Mantel der Erde.

Wie Superplumes entstehen

Die neuen Erkenntnisse haben nach Angaben der Forscher auch fundamentale Auswirkungen auf langsame Konvektionsbewegungen im Erdmantel, die über geologisch lange Zeiträume die Platten an der Erdoberfläche antreiben. Die von den Bayreuther Forschern gemessenen hohen Wärmeleitfähigkeiten führen nach theoretischen Modellen zur Bildung sehr großer heißer Aufstiegszonen, so genannten Superplumes, in denen heißes Material aus dem tiefen Mantel an die Erdoberfläche aufdringt. Solche Superplumes verursachen an der Erdoberfläche oft gewaltige vulkanische Eruptionen.

(idw – Universität Bayreuth, 08.12.2008 – DLO)

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