Erstmals haben Forschende eine der Mega-Anomalien an der irdischen Kern-Mantel-Grenze durchleuchtet – eine 900 Kilometer große Störzone unter Hawaii. In ihr werden Bebenwellen ungewöhnlich stark abgebremst, weil das Gestein heißer und weicher ist normal. Jetzt enthüllen die seismischen Messungen, dass diese Anomalie zudem eine interne Struktur besitzt und an ihrem Grund überraschend viel Eisen enthält. Das könnte Hinweise auf Lecks im Erdkern bestätigen.
Der untere Erdmantel ist eine Schlüsselregion für die irdische Tektonik und Geologie. Denn dort entspringen die Mantelplumes, die die vulkanischen Hotspots speisen. Zudem ist diese Zone ein Motor für die Konvektionsströmungen im Erdmantel und damit auch der Plattentektonik. Dazu passt, dass diese Region direkt oberhalb der Kern-Mental-Grenze sehr inhomogen zu sein scheint: Heißere, weichere Bereiche wechseln mit kühleren Zonen ab, wie Analysen von Erdbebenwellen nahelegen.
Vier riesige „Bremszonen“
Im Jahr 2020 enthüllte eine seismische Analyse dann vier Mega-Anomalien im unteren Erdmantel. In diesen hunderte Kilometer großen, aber nicht sehr hohen Zonen werden vom Erdkern reflektierte Bebenwellen um bis zu 30 Prozent abgebremst. Die ungewöhnlich ausgedehnten Ultra-Low Velocity Zones (ULVZ) liegen unter Hawaii, Island, Samoa und den Marquesa-Inseln – und damit alle unter Gebieten mit Hotspot-Vulkanismus.
Wie groß diese Mega-Anomalien aber genau sind und wie ihr Inneres aussieht, blieb bislang aus Mangel an geeigneten seismischen Daten unklar. Das hat sich nun geändert: Geowissenschaftler um Zhi Li von der University of Cambridge haben erstmals eine dieser Mega-Anomalien näher durchleuchtet: die rund 600 Kilometer große ULVZ unter Hawaii. Dafür werteten sie die seismischen Daten von sieben Starkbeben im Südpazifik aus, die durch diese Zone hindurchgelaufen und dann von Messstationen in den USA aufgezeichnet worden waren.