Geowissen

Erdmantel: Karbonate lassen Diamanten wachsen

Forscher zeigen, wie und wo Karbonatit-Schmelzen entstehen

Aufbau des Erdinneren © MMCD

Tief im Erdinnern können Diamanten entstehen, die kein Mensch je zu sehen bekommt. Schuld daran sind die chemischen Bedingungen, die den damit zusammenhängenden Kohlenstoffkreislauf steuern. Wie das geschieht, haben Züricher Forscher jetzt in Laborversuchen gezeigt, über die sie im Wissenschaftsmagazin „Nature“ berichten.

Lava nahezu flüssig wie Wasser und, wenn sie erkaltet, hell wie Kalke: Der Oldoinyo Lengai im Norden Tansanias ist der weltweit einzig aktive Vulkan, der sogenannte Karbonatit-Lava fördert. Diese Lava besteht im Unterschied zu herkömmlicher Lava nicht aus geschmolzenen Silikaten, sondern größtenteils aus geschmolzenen Karbonaten. Derartige Vulkane gibt es entlang von Grabenbrüchen, an denen die Kontinentalplatten allmählich auseinanderbrechen und neue Ozeane entstehen.

Diamant aus Kalk und Eisen

Unter anderem bilden sich diese Karbonatschmelzen, wenn Kalke in den Erdmantel gelangen. Dies geschieht durch Subduktion, bei der alte ozeanische Kruste unter eine angrenzende Krustenplatte abtaucht.

Anhand von Hochdruckversuchen im Labor haben Arno Rohrbach und ETH-Professor Max Schmidt vom Institut für Geochemie und Petrologie der ETH Zürich untersucht, wie sich der in den Karbonaten enthaltene oxidierte Kohlenstoff im Erdmantel verhält und dabei eine spannende Entdeckung gemacht: In mehr als 200 Kilometern Tiefe erreichen die versenkten Karbonate der ozeanischen Kruste ihren Schmelzpunkt, der um 300 bis 400 Grad niedriger ist als bei den Silikaten.

Es entsteht den Wissenschaftlern zufolge eine Karbonatitschmelze, die aus dem subduzierten Material in den umgebenden Mantel migriert und diesen dann teilweise aufschmilzt. Da der Erdmantel aber chemisch stark reduzierend ist und elementares Eisen enthält, reagiert das CO2 der Karbonatit-Schmelze mit dem elementaren Eisen. Dadurch entstehen Diamanten.

Karbonate in subduzierender ozeanischer Kruste schmelzen auf und migrieren in den angrenzenden Mantel. Dort wird durch eine Redoxreaktion mit Eisenmetall die Karbonatitschmelze zu Diamant reduziert. Im aufsteigenden Mantel findet diese Redoxreaktion umgekehrt statt: Aus den Diamanten werden wieder Karbonatitschmelzen, die nach oben migrieren. © ETH Zürich

Karbonate schmelzen Erdmantel auf

Bereits frühere Studien haben gezeigt, dass Karbonate im Erdmantel den sie umgebenden Mantel bei niedrigeren Temperaturen und einem Druck von über 2,5 Giga-Pascal zum Aufschmelzen bringen. Dabei wurde jedoch ausschließlich der oxidierte Zustand der Karbonate betrachtet. Um aber zu verstehen, was im stark reduzierten tieferen Erdmantel geschieht, sei es notwendig, das Redox-Gleichgewicht zwischen oxidierten Karbonaten und reduziertem metallhaltigem tieferen Erdmantel zu betrachten, schreiben die ETH-Forscher in ihrer Studie, die kürzlich online in „Nature“ erschienen ist.

„Minerale im Erdmantel wie Granat und Perowskit bauen bei ihrer Entstehung bevorzugt dreiwertiges Eisen ein“, sagt Schmidt. Hierfür wird ein Teil des zweifach positiv geladenen Eisens aufoxidiert, ein halb so großer Teil aber gleichzeitig zu elementarem Eisen reduziert. Da metallisches Eisen und Kohlendioxid nicht kompatibel sind, wird das Eisenmetall nach Angaben der Wissenschaftler oxidiert und das Kohlendioxid zu reinem Kohlenstoff reduziert.

Dabei kristallisieren bei einem Druck von mehr als zehn Giga-Pascal und Temperaturen von 1.400 bis 1.700 Grad Celsius Diamanten aus und die Karbonatschmelze erstarrt. Danach bleibt in der Übergangszone vom oberen zum unteren Erdmantel, in einer Tiefe zwischen etwa 410 und 660 Kilometern, nur noch dreifach- und zweifach positiv geladenes Eisen sowie die Diamanten übrig und sammeln sich dort an, so die Forscher.

Kohlenstoffkreislauf im Erdinnern komplexer

Die „Agglomerate“ von Diamanten können jedoch durch die Konvektion des Erdmantels während hunderten von Millionen von Jahren – pro Jahr legen sie zwischen einem und zehn Zentimeter zurück – bis weit über 2.000 Kilometer tief in den unteren Mantel verfrachtet werden und von dort wieder aufsteigen.

Die Diamanten sind dabei nach Angaben der Wissenschaftler so lange stabil, bis sie wieder die Übergangszone vom unteren zum oberen Erdmantel durchlaufen, in der sich das chemische Gleichgewicht sowie die Druck- und Temperaturbedingungen ändern: Hier werden die Mineralien, die das dreiwertige Eisen enthalten – Perowskit und Granat –, unstabil und setzen dreiwertiges Eisen frei, das mit den Diamanten reagiert.

Der Kohlenstoff wird dabei wieder oxidiert, die Diamanten werden zerstört und das dreiwertige zu zweiwertigem Eisen reduziert. Durch das Kohlendioxid können wieder Karbonatschmelzen entstehen und das zweiwertige Eisen wird in die Mineralien Olivin und Pyroxen, die den Hauptbestandteil des oberen Mantels ausmachen, eingebaut.

Rätsel um Entstehung der Karbonatit-Schmelzen gelöst

Den Forschern gelang es damit nicht nur zu zeigen, wie und wo Karbonatit-Schmelzen im Erdmantel entstehen. Sie haben zudem den Kohlenstoffkreislauf von der Erdoberfläche bis ins Erdinnere aufgezeigt: Vom Kohlendioxid, das mit Karbonaten ins Erdinnere verfrachtet wird, zu reinem Kohlenstoff reduziert und beim Aufsteigen schließlich wieder zu Kohlendioxid aufoxidiert wird.

Die entstehende Karbonatit-Schmelze, die bei niedrigem Druck meist in einer Silikatschmelze aufgelöst wird, bringt das Kohlendioxid letztlich durch aktive Vulkane wie den Oldoinyo Lengai wieder an die Erdoberfläche. (Nature, 2011; doi:10.1038/nature09899)

(ETH Life Online, ETH Zürich, 05.04.2011 – DLO)

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