Pandemie-Effekt verpufft: Am heutigen 29. Juli hat die Menschheit alle nachhaltig nutzbaren Ressourcen unseres Planeten für das Jahr 2021 aufgebraucht. Nach einer kurzen Erholung im Pandemiejahr 2020 ist der Erdüberlastungstag damit erneut auf den Stand von 2019 vorgerückt. Die Menschheit bräuchte damit zurzeit 1,74 Erden, um ihren Bedarf an Energie, Rohstoffen und anderen Ressourcen zu decken. Ab jetzt leben wir vom ökologischen Raubbau.
Der „Earth Overshoot Day“ – Erdüberlastungstag – markiert den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen verbraucht hat, die die Erde im Jahr regenerieren kann. Er wird alljährlich von Wissenschaftlern des Global Footprint Networks auf Basis des ökologischen Fußabdrucks ermittelt: Das, was wir an Treibhausgasen ausstoßen, an Wasser verbrauchen oder für unseren Konsum verarbeiten, wird aufgerechnet gegen die Fähigkeit der weltweiten Ökosysteme, Ressourcen zu erneuern und Abfälle aufzunehmen.
Wir bräuchten 1,74 Erden
In diesem Jahr liegt der Erdüberlastungstag erneut am 29. Juli – wie schon im Jahr 2019. Damit setzt sich der Trend zu einem immer größeren ökologischen Fußabdruck der Menschheit trotz Corona-Pandemie fort. Konkret bräuchte die die gesamte Menschheit zurzeit 1,74 Erden, um ihren Bedarf an Energie, Rohstoffen und anderen Ressourcen zu stillen. Anders ausgedrückt: Wir verbrauchen 74 Prozent mehr Ressourcen als die Ökosysteme des Planeten zur Verfügung stellen können.
„Schon nach sieben Monaten haben wir das Kontingent unserer Erde an biologischen Ressourcen für 2021 aufgebraucht“, sagt Susan Aitken, Bürgermeisterin von Glasgow, dem Gastgeber der nächsten Weltklimakonferenz. „Falls Sie daran erinnert werden müssten, dass wir uns in einer klimatischen und ökologischen Notsituation befinden, dann tut dies der Earth Overshoot Day.“ Seit den 1970er Jahren lebt die Menschheit nahezu kontinuierlich auf Pump, der Erdüberlastungstag rückt seither immer weiter nach vorn.
Pandemiejahr 2020 brachte nur kurze Erholung
Einzige Ausnahme im stetig nach vorn rückenden Datum der Erdüberlastungstage war das Pandemiejahr 2020. Der durch die Lockdowns bedingte Rückgang des Verkehrs und der wirtschaftlichen Aktivitäten ließen den Tag zurück auf den 22. August springen. Auch die weltweiten Treibhausgasemissionen sanken auf ein Rekordtief. Doch diese Erholung für die Erdsysteme war nur von kurzer Dauer.
Der CO2-Fußabdruck ist 2021 schon wieder um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Ein Großteil davon geht auf einen rasanten Wiederanstieg der energiebedingten Emissionen zurück, weil die wirtschaftliche Erholung die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen ankurbelt. Allein der weltweite Kohleverbrauch könnte 2021 nach Schätzungen des global Footprint Network rund 40 Prozent des gesamten CO2-Fußabdrucks ausmachen.
Weiterhin unter dem langjährigen Durchschnitt liegt allerdings noch der Verkehr. Sein CO2-Fußabdruck ist 2021 weiterhin geringer als vor der Pandemie. Laut Internationaler Energieagentur (IEA) werden die Emissionen des Flug- und Straßenverkehrs innerhalb der Länder um fünf Prozent unter dem Niveau von 2019 bleiben, der internationale Flugverkehr sogar um 33 Prozent.
Biokapazität der Wälder schrumpft weiter
Weiterhin ungebrochen ist der Verlust der Wälder und damit wichtiger CO2-Senken im Klimasystem. Allein in Brasilien gingen im Jahr 2020 1,1 Millionen Hektar Wald verloren. Schätzungen für 2021 deuten auf eine Zunahme der Abholzung um bis zu 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hin. Weltweit ist die Biokapazität der Wälder erneut um rund 0,5 Prozent geschrumpft, wie das Globale Footprint Network ermittelt hat.
„Für unseren Lebensstil fallen in Südamerika, Afrika oder Asien Bäume, verschmutzen Flüsse, schwinden Tierbestände oder sterben Arten ganz aus. Wir vergeuden und zerstören die Lebensgrundlagen unserer Kinder und Enkelkinder – weltweit und direkt vor unserer Haustür“, kommentiert Christoph Heinrich vom WWF Deutschland.
Deutschland liegt auf Rang fünf
Im weltweiten Vergleich sind es vor allem die Industrieländer, die den Raubbau vorantreiben. An der Spitze stehen die USA: Würden alle Menschen so leben wie die US-Bürger, bräuchten die Menschheit fünf Erden, um den Ressourcenbedarf zu decken. Auch Australien und Russland gehören zu den drei Ländern mit dem größten ökologischen Fußabdruck. Indien und viele andere ärmere Länder verbrauchen dagegen deutlich weniger Ressourcen, Indiens Fußabdruck beispielsweise entspricht 0,7 Erden.
Deutschland liegt auf der Liste der Länder mit dem größten ökologischen Fußabdruck weit vorn: Wir teilen uns mit Japan den fünften Platz. 2,9 Erden wären nötig, um den Ressourcenbedarf einer Menschheit mit unserm Lebensstil zu decken. Anders ausgedrückt benötigen wir eigentlich drei Deutschlands für unser Ansprüche an Natur und Rohstoffe. Würden alle Menschen so leben wie wir, läge der Erdüberlastungstag schon am 5. Mai.
Quelle: Global Footprint Network