Bisher galten einzellige Algen als diejenigen, die vor mehr als 500 Millionen Jahren die Atmosphäre mit Sauerstoff anreicherten und so die explosive Entwicklung der Tierwelt im Kambrium ermöglichten. Doch jetzt präsentieren Forscher in „Nature“ ein komplett anderes Szenario: Sie postulieren, dass ein explosives Ergrünen der Landflächen der entscheidende Auslöser für die kambrische Explosion war.
Die 4,5 Milliarden Jahre lange Geschichte der Erde ist mit zahlreichen Wendepunkten und herausragenden Ereignissen gefüllt. Temperaturen schwankten, Asteroiden schlugen ein und Lebensformen erschienen und verschwanden wieder. Doch einer der entscheidendsten Momente geschah vor rund 540 Millionen Jahren: Während der so genannten kambrischen Explosion erlebten die Mehrzeller einen wahren Entwicklungsschub. Zunehmend komplexe Lebensformen breiteten sich über die ganze Erde aus und bildeten vielfältige Variationen.
Rätsel um kambrische Explosion
Was aber löste diese Explosion des Lebens aus? Und warum stieg innerhalb von geologisch extrem kurzer Zeit der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre so stark an? Genau das war bisher nur in Ansätzen verstanden. Jetzt haben Wissenschaftler unter Leitung des Geologen L. Paul Knauth von der Arizona State Universität möglicherweise den „Trigger“ gefunden. Um zu verstehen, was vor 540 Millionen Jahren auf der Erde geschehen ist, untersuchten die Forscher die Isotopenzusammensetzung von Kalkstein, der sich in dieser Periode gebildet hatte.
Anstatt sich aber – wie viele andere Wissenschaftler vor ihnen – nur auf die Kohlenstoffisotope zu konzentrieren, hatten Knauth und seine Kollegen noch andere Atome im Blick. „Es gibt drei Sauerstoffatome für jedes Kohlenstoffatom im Kalkstein“, so Knauth. „Wir haben uns daher auch die Sauerstoffisotope angeschaut.“ Nach drei Jahren der Auswertung entwickelten die Wissenschaftler ein Szenario, das sich deutlich von dem bisherigen Bild einer durch Katastrophen geprägten Erde unterscheidet.