Geowissen

Erste digitale Karte der Ozean-Geologie

Ozeanböden liefern Überraschungen zum Kohlenstoffkreislauf

Neu kartiert: Die erste digitale Karte geologischer Daten des Meeresbodens zeigte vor allem im südlichen Ozean um Australien Überraschungen. © University of Sydney

Big Data aus den Meerestiefen: Forscher haben die erste geologische Karte des Meeresbodens in digitaler Form zusammengestellt – und dabei Überraschendes entdeckt. Die Fixierung von Kohlenstoff in den Sedimenten läuft offenbar viel komplexer ab als gedacht. Solche Vorgänge sind auch entscheidend dafür, wie die Ozeane in der Vergangenheit auf Klimaveränderungen reagiert haben – und wie sie auf zukünftigen Klimawandel reagieren werden, betonen die Forscher im Fachjournal „Geology“.

Über zwei Drittel der Erdoberfläche bestehen aus Meeresboden – und doch wissen wir nur wenig darüber, wie dieser Teil unseres Planeten zusammengesetzt ist. Aktuelle geologische Informationen über den Meeresboden sind rar: Die jüngste Karte diese Art ist handgezeichnet und stammt noch aus den 1970er Jahren. Dabei haben die Ozeane und die Sedimente an ihrem Grund einen wichtigen Anteil an den Stoffkreisläufen der Erde und damit auch an unserem Klima.

„Der Ozeanboden ist ein Friedhof“

Wissenschaftler um Adriana Dutkiewicz von der University of Sydney haben darum den aktuellen Kenntnisstand über die Böden unserer Ozeane in einer neuen Karte digital festgehalten. Rund 15.000 Proben vom Meeresboden, gesammelt von zahlreichen Forschungsschiffen im Lauf der letzten 50 Jahre, haben die Forscher dafür ausgewertet. Mit intelligenten Algorithmen zur Analyse großer Datensätze verwandelten sie diese Masse an Datenpunkten in eine zusammenhängende Karte.

Diese geologische Karte des Meeresbodens zeigt, dass die tiefen Ozeanbecken noch weitaus komplexer aufgebaut sind als bisher gedacht. „Der tiefe Ozeanboden ist ein Friedhof“, sagt Erstautorin Dutkiewicz, „und viel davon besteht aus Überresten von mikroskopischen Meereskreaturen, die in sonnenbeschienenem Wasser leben, dem sogenannten Phytoplankton.“ Das Phytoplankton produziert ungefähr ein Viertel des Sauerstoffs, den wir atmen.

Aus rund 15.000 Datenpunkten erstellten die Forscher die neue geologische Karte des Meeresbodens. © Dutkiewicz et al., Geology, 2015

Überraschung im südlichen Ozean

Während die winzigen Lebewesen wachsen, fixieren sie auch Kohlendioxid aus der Luft. Sterben sie ab, so nehmen sie den aufgenommenen Kohlenstoff mit in die Tiefe. Wie die daraus entstehenden Sedimente zusammengesetzt sind, liefert darum auch Informationen darüber, wie sich die Lebensbedingungen des Phytoplanktons und damit die klimatischen Bedingungen im Laufe der Zeit geändert haben. „Die Zusammensetzung dieser Überreste hilft uns zu entschlüsseln, wie die Ozeane in der Vergangenheit auf Klimaveränderungen reagiert haben“, erklärt Dutkiewicz.

Die neue Karte zeigt in dieser Hinsicht eine Überraschung: Vor allem im südlichen Ozean um Australien fanden die Forscher viel mehr solcher fossilen Ablagerungen als erwartet. Den alten Karten zufolge besteht der Meeresboden um den australischen Kontinent vor allem aus von Land ins Meer gewehtem Ton. Die neuen geologischen Daten zeigen dagegen ein komplexes Geflecht von Mikrofossilien.

Unbekannte Teile des Kohlenstoffkreislaufs

Die Ansammlungen des Phytoplanktons am Grund sind der Karte zufolge praktisch unabhängig von Blüten dieser Organismen an der Wasseroberfläche. „Dieser fehlende Zusammenhang verdeutlicht, dass wir zwar die Ursprünge des Kohlenstoffs verstehen, aber nicht dessen Absinken“, sagt Koautor Dietmar Muller von der University of Sydney. Auf welchem Weg genau das gebundene Kohlendioxid in die Tiefe gelangt, ist noch unbekannt.

Doch angesichts des aktuellen Klimawandels sei es enorm wichtig, die Vorgänge und Geschichte der Kohlenstoffkreisläufe im Ozean besser zu verstehen, so die Forscher. Doch auch dabei soll die digitale Karte des Meeresbodens helfen: Lohnenswerte Ziele für zukünftige Expeditionen mit Forschungsschiffen lassen sich nun leichter identifizieren. (Geology, 2015; doi: 10.1130/G36883.1)

(University of Sydney / Geological Society of America, 11.08.2015 – AKR)

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