Eisiger Untergrund: Forscher haben die erste präzise Weltkarte des irdischen Permafrosts erstellt und veröffentlicht. Demnach macht der Dauerfrostboden der Polargebiete und Gebirge auf der Nordhalbkugel rund 22 Prozent der Landfläche aus, im Süden sind es weniger als ein Prozent. Der kälteste Permafrost liegt dabei im Nordosten Grönlands und im Transantarktischen Gebirge. Dort erreichen die Temperaturen sogar minus 36 Grad – für den Permafrost ist dies ein Rekord, wie die Wissenschaftler berichten.
Die dauerhaft gefrorenen Böden des Permafrosts finden sich in den Polargebieten der Erde, aber auch in den Hochgebirgen. Wie gigantische Tiefkühltruhen konservieren vor allem die arktischen Permafrostgebiete seit Jahrtausenden Unmengen an organischer Substanz – vom Mammutskelett über uralte Viren und RNA bis zu menschlichen Mumien. Doch mit dem Klimawandel taut dieser Untergrund und setzt große Mengen an Treibhausgasen frei. Gleichzeitig destabilisiert dieses Tauen auch Gebirgshänge und zerstört arktische Infrastruktur.
Kartierung ohne zu bohren
Umso wichtiger ist es, die Ausdehnung, Dicke und Temperaturen des weltweiten Permafrosts möglichst genau zu kennen. Diese Informationen liefert nun die erste Weltkarte des irdischen Permafrosts. Forscher um Jaroslav Obu von der Universität Oslo haben dafür Daten der Aqua- und Terra-Satelliten der NASA genutzt, um zunächst Daten zur Temperatur der Landflächen zu erhalten. Mithilfe eines Modells der Temperaturverteilung im Untergrund rekonstruierten sie dann die Temperaturen in den darunterliegenden Bodenschichten.
„Da Permafrost unter der Oberfläche liegt, ist es schwierig, ihn zu untersuchen, ohne dazu Löcher in den Boden zu bohren“, erklärt Obu. „Wir mussten aber einen Weg finden, um den Permafrost im globalen Maßstab verlässlich zu kartieren.“ Mithilfe der Satellitendaten und Modelle gelang es den Forschern, eine bis auf einen Kilometer präzise Karte des weltweiten Permafrosts zu erstellen.
22 Prozent der irdischen Landfläche
Die Karte zeigt, dass die Permafrostgebiete auf der Nordhalbkugel – wo ein Großteil dieses Dauerfrostbodens liegt – 13,9 Millionen Quadratkilometer umfassen. Dies entspricht rund 15 Prozent der Landfläche, wie die Forscher berichten. Rechnet man kleinere isolierte Permafrostbereiche wie beispielsweise auf Berggipfeln hinzu, sind es 21 Millionen Quadratkilometer oder 22 Prozent der Landfläche. Diese Werte liegen im unteren Bereich der bisherigen Schätzungen.
Die Antarktis stellt für die Kartierung des Permafrosts eine besondere Herausforderung dar. Weil ein Großteil des Kontinents unter Kilometer dickem Eis liegt, gilt dort nur der gefrorene, nicht von Gletschern bedeckte Untergrund als Permafrost im engeren Sinne. Er macht dort der neuen Karte zufolge daher nur 0,2 Prozent der Fläche aus. Diese Gebiete konzentrieren sich entlang der Küsten, einige liegen jedoch auch auf den aus dem Eis ragenden Gebirgsgipfeln im Inland.
Von null bis minus 36 Grad
Die neue Weltkarte zeigt auch, welche Temperaturen in den verschiedenen Permafrostbereichen herrschen. Sie sinken demnach von knapp unter null Grad am südlichen Rand des arktischen Permafrosts allmählich bis durchschnittlich minus sieben bis 14 Grad ab, wie Obu und sein Team berichten. Vergleiche mit Bohrlochmessungen bestätigten, dass diese über Satelliten und Modelle ermittelten Werte bis auf zwei Grad genau sind. Der kälteste Permafrost der Nordhalbkugel liegt im Nordosten Grönlands, hier erreichen die Bodentemperaturen minus 22 Grad.
In der Antarktis liegen die Permafrost-Temperaturen deutlich niedriger. Entlang der Küsten ist der Untergrund im Schnitt zwischen minus acht und minus 14 Grad kalt, auf den Berggipfeln im Inland zwischen minus 18 und minus 23 Grad. „Die mit minus 36 Grad niedrigste Permafrost-Temperatur herrscht auf dem Mount Markham im Transantarktischen Gebirge“, berichtet Obu. „Dies ist die niedrigste bisher geschätzte Permafrost-Temperatur der Erde.“ (Earth-Science Reviews, 2020; doi: 10.1016/j.earscirev.2019.04.023; The Cryosphere, 2020; doi: 10.5194/tc-14-497-2020)
Quelle: University of Oslo