Sonnensystem

Erster Blick in einen extraterrestrischen See

Zweitgrößter See des Saturnmonds Titan hat Ablagerungen aus organischem Schlamm

Ligeia Mare ist der zweitgrößte See des Saturnmonds Titan. © NASA/JPL-Caltech/ ASI/Cornell

Flüssiges Methan und organischer Schlamm: NASA-Raumsonde Cassini hat neue Überraschungen vom Saturnmond Titan geliefert. Der zweitgrößte See des Mondes besteht demnach tatsächlich aus fast reinem Methan, statt wie zuvor angenommen aus Ethan. Zudem entdeckte die Sonde mit Hilfe von Radarmessungen, dass sich am Grund des erstaunlich tiefen Sees eine dicke Schlammschicht aus organische Ablagerungen befindet.

Der Saturnmond Titan ist einzigartig im Sonnensystem, denn er besitzt ein dynamisches, verblüffend erdähnliches Klimasystem: Es gibt Vulkane, Regen, Wolken und eisbedeckte Seen – allerdings enthalten sie kein Wasser, sondern flüssige Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan. Unter der eisigen Oberfläche des Mondes verbirgt sich zudem wahrscheinlich ein salziger Ozean.

Die NASA-Raumsonde Cassini hat nun erstmals einen näheren Blick in einen der größten Seen des Saturnmonds geworfen, den Ligeia Mare. Er ist rund 420 Kilometer lang und 350 Kilometer breit und allein seine Küstenlinie ist 2.000 Kilometer lang. Bereits 2014 ergaben Messungen der Sonde, dass dieser See wahrscheinlich mehr Methan als Ethan enthält. Jetzt haben Forscher dies noch einmal genauer überprüft und zudem erstmals die Tiefe des Sees vermessen.

Fehlendes Ethan gibt Rätsel auf

Das Ergebnis: Ligeia Mare ist tatsächlich ein Methansee. „Wir hatten eigentlich erwartet, dass dieser See vornehmlich aus Ethan besteht, weil dieses in der Atmosphäre in großen Mengen gebildet wird, wenn Sonnenlicht mit Methan wechselwirkt“, erklärt Studienleiterin Alice Le Gall von der Université Versailles Saint-Quentin. „Stattdessen besteht Ligeia Mare hauptsächlich aus reinem Methan.“

Die organischen Moleküle aus der Atmosphäre gelange über Regen und Ablagerung in den See und bilden dort die Schlammschicht. © ESA

Warum der See so erstaunlich wenig Ethan enthält, ist bisher unklar. Wie die Forscher erklären, könnte es dafür mehrere Gründe geben. „Entweder wird Ligeia Mare ständig durch frischen Methanregen aufgefüllt oder irgendetwas entfernt regelmäßig das anfallende Ethan“, so Le Gall. „Es könnte sein, dass das Ethan sich in einer unterseeischen Kruste sammelt oder dass es irgendwie in den benachbarten See Kraken Mare abfließt – das müssen wir nun noch weiter untersuchen.“

Organischer Schlamm am Seegrund

Die Radardaten eröffnen auch einen Blick auf den Grund des Titansees. Sie enthüllen, dass Ligeia Mare bis zu 160 Meter tief ist – und damit tiefer als die Forscher erwartet hätten. Am Seegrund befindet sich zudem eine dicke Schlammschicht: „Wir haben festgestellt, dass der Grund von einer Ablagerungsschicht aus organischen Verbindungen bedeckt ist“, berichtet Le Gall.

Schon länger ist bekannt, dass in der nebelverschleierten Gashülle des Titan ständig organische Moleküle gebildet werden. Unter dem Einfluss des Sonnenlichts bilden sich verschiedene Kohlenwasserstoff-Verbindungen, darunter Propylen, Cyanwasserstoff, Benzol und Nitrile. Während sich ein Teil dieser Moleküle im flüssigen Ethan und Methan der Seen und Flüsse löst, könnten die unlöslichen Verbindungen die schlammigen Ablagerungen des Seegrunds bilden.

„Es ist großartig, dass wir dazu fähig sind, extraterrestrische Ozeanografie auf einem fremden Mond zu betrieben“, sagt Cassini-Forscher Steve Wall vom Jet Propulsion Laboratory der NASA. „Der Titan hört einfach nicht auf, uns zu überraschen.“

(NASA, ESA, 27.04.2016 – NPO)

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