Die Plesiosaurier der Kreidezeitmeere brachten ihre Jungen lebend zur Welt. Den Beleg dafür haben Forscher jetzt im Bauchraum eines 78 Millionen Jahre alten Skeletts entdeckt: das Fossil eines nicht ausgereiften Jungsauriers. „Wir interpretieren dies als schwangeres Weibchen mit ihrem ungeborenen Jungen“, berichten die Forscher im Fachmagazin „Science“. Form und Verknöcherungsgrad der Relikte deute darauf hin, dass das Jungtier noch vor seiner Geburt gemeinsam mit der Mutter gestorben sei.
Plesiosaurier waren mehrere Meter lange, vierflossige Raubsaurier mit kurzem Hals und langer Schnauze. Sie gehörten nicht zu den Dinosauriern, sondern sind eher mit den heutigen Echsen und Schlangen verwandt. Mit ihren paddelförmigen Flossen waren sie perfekt an das Leben im Wasser angepasst. Als Fleischfresser dominierten sie die urzeitlichen Meere mehr als 100 Millionen Jahre lang, bis sie am Ende der Kreidezeit gleichzeitig mit den Dinosauriern ausstarben.
Von anderen großen Meeresreptilien ist schon länger bekannt, dass sie ihre Junge lebend gebaren. Für die Plesiosaurier blieb dies jedoch unklar, weil Belege fehlten. „Dieses Fossil dokumentiert zum ersten Mal die Geburt lebender Jungen bei den Plesiosauriern und löst damit endlich dieses Rätsel“, sagt Studienleiter F. Robin O’Keefe von der Marshall University in Huntington.
Jungtiere waren vermutlich Einzelkinder
Als sehr ungewöhnlich werten die Forscher die Größe des Plesiosaurier-Jungtiers: Mit 1,50 Metern Länge war es zum Zeitpunkt seines Todes bereits ein Drittel so groß wie seine 4,70 Meter lange Mutter. Bis zur Geburt wäre es vermutlich sogar noch weiter gewachsen, schätzen die Wissenschaftler anhand der Knochenmerkmale. Das deute darauf hin, dass die Plesiosaurier-Weibchen nur jeweils ein großes Junges gebaren. „Die Kombination von Lebendgeburt, großen Jungen und kleinem Wurf hebt die Plesiosaurier deutlich von anderen marinen Reptilien ab“, sagen die Forscher. Stattdessen gebe es große Parallelen zu heutigen Walen und Delfinen – möglicherweise auch im Verhalten.
O’Keefe und seine Kollegen spekulieren, dass sich die Plesiosaurier auch nach der Geburt noch intensiv um ihr Junges gekümmert haben könnten. Möglicherweise lebten sie sogar in Familiengruppen zusammen. „Noch sind mehr Belege nötig um diese Hypothese zu prüfen. Es ist aber sicher, dass sich das Leben der Plesiosaurier deutlich von dem anderer mariner Reptilien dieser Zeit unterschied“, sagen die Paläontologen.
Das jetzt analysierte Fossil gehörte zur Art Polycotylus latippinus und wurde bereits 1987 in Logan County im US-Bundesstaat Kansas entdeckt. In dieser Region östlich der Rocky Mountains erstreckte sich zur Kreidezeit ein langgestrecktes, flaches Binnenmeer, das Nordamerika in Nord-Südrichtung teilte. (Science, 2011; DOI: 10.1126/science.1205689)
(Science/AAAS, 12.08.2011 – NPO)