Ein neues mathematisches Modell belegt erneut, dass atmosphärische Turbulenzen und Stürme aller Art mit fortschreitendem Klimawandel heftiger werden. Gleichzeitig zeigt es, dass spiralige Turbulenzen wie Tornados, Hurrikans, Zyklone und Staubteufel auf den gleichen physikalischen Grundmechanismus zurückgehen.
Die globale Erwärmung lässt nicht nur die Temperaturen steigen, sie zieht auch grundlegende Veränderungen in der Dynamik der Erdatmosphäre nach sich. Im sensiblen Gleichgewicht des irdischen Klimasystems beeinflusst dies eine Vielzahl von Wetterereignissen, darunter vor allem die Richtungen, Stärken und Häufigkeiten der Winde und Luftturbulenzen. In einem neuen, verbesserten Modell haben nun Wissenschaftler der Universität Michigan die Auswirkungen des Klimawandels auf Luftwirbel und Wirbelstürme genauer erforscht.
Strömungsmodell ergänzt
Nilton Renno, Planeten- und Atmosphärenforscher der Universität von Michigan und seine Kollegin Natalia Andronova nutzten für ihre Berechnungen ein Modell, das eine Generalisierung des Gesetzes von Bernoulli darstellt. Dieses besagt, dass in einem strömenden Gas ein Geschwindigkeitsanstieg einen Druckabfall bewirkt. Übertragen auf die Atmosphäre bedeutet das, dass höhere Windgeschwindigkeiten den Luftdruck senken.
Normalerweise werden dabei andere Einflussfaktoren wie Reibung oder Energiezufuhr nicht gesondert berücksichtigt, so dass die Gleichungen nur für idealisierte Situationen anwendbar sind. Die Wissenschaftler ergänzten daher nun ihr Modell mit den für Wirbelstürme wichtigen Faktoren wie der Wärme der Atmosphäre, der Luftfeuchte und der Kondensation des Wasserdampfs.
„Das Modell erlaubt es uns, Veränderungen in der Intensität des Sturms mit Veränderungen der Umweltbedingungen in Verbindung zu bringen”, erklärt Renno. „Dies ist zudem das erste thermodynamische Modell, das alle diese Wirbel zusammenführt. Wenn man sie als Einheit betrachtet, sieht man das große Ganze und versteht wirklich, was sie entstehen und sich verändern lässt.“
Stürme werden stärker und größer
Das Ergebnis der Berechnungen: Für jede zwei Grad, die die Temperatur der Erdoberfläche steigt, könnte die Intensität von Stürmen um ein paar Prozent zunehmen. Für einen starken Sturm könnte dies zu einem Anstieg der Zerstörungskraft um bis zu zehn Prozent führen. „Das Modell zeigt uns, dass der Klimawandel die Effizienz von so genannten konvektiven Vortices erhöhen könnte und auch die Energie, die in Wind umgewandelt wird“, erklärt Renno. „Angetrieben durch wärmere und feuchtere Luft wird es in der Zukunft stärkere und größere Stürme geben, die hoch in die Atmosphäre hinaufreichen.“
Die neuen Berechnungen bestätigen damit andere Untersuchungen, die für Hurrikans bereits in den letzten 50 Jahren einen Trend hin zu höheren Intensitäten festgestellt haben. Ursache dafür sind die gestiegenen Oberflächentemperaturen der Ozeane.
Das von Renno entwickelte Modell funktioniert sogar auf anderen Planeten: Als Mitglied im Wissenschaftlerteam der NASA-Marsmission Phoenix Lander kalkulierte der Forscher damit auch die mögliche Stärke von Stürmen in der Nordpolarregion des Mars. Es zeigte sich, dass im Landegebiet der Marssonde Phoenix immerhin Windgeschwindigkeiten von mehr als 320 Kilometern pro Stunde auftreten können.
(University of Michigan, 10.07.2008 – NPO)