Paläontologie

Es gab doch Riesen-Planktonfresser im Urzeitmeer

Sensationeller Fossilfund enthüllt Existenz bisher unbekannter Riesenfischgruppe

So könnte Bonnericthys ausgesehen haben © Robert Nicholls

Eine ganze Dynastie von bisher unbekannten, riesigen Plankton fressenden Fischen durchstreiften das Urzeitmeer zur Zeit der Dinosaurier. Diese überraschende Erkenntnis verdankt ein internationales Forscherteam jetzt dem Fund des ersten erhaltenen Schädels eines solchen Riesen mit Filterbarten. Wie sie in „Science“ berichten, entsprach ihre Größe und ökologische Rolle denen der heutigen Riesenhaie und Bartenwale.

Bartenwale, Riesenhaie und Mantarochen gehören zu den größten lebenden Wirbeltieren, doch ihre Nahrung ist mikroskopisch klein. Denn die Riesen der Meere sind Planktonfresser. Sie entwickelten sich mit dem Ende der Kreidezeit. Davor jedoch, während der Herrschaft der Dinosaurier, fehlt jede Spur von solchen planktonfressenden Riesen. „Die Tatsache, dass Kreaturen dieser Art für hunderte Millionen Jahre vollkommen aus der Fossiliengeschichte fehlten, war immer ein Rätsel“, erklärt Matt Friedman, Geoforscher an der Universität von Oxford. „Wir dachten, dass die Meere damals frei waren von den großen Filtrierern.“

Fehlende Schädel führten zu Falschinterpretation

Der Grund für die Annahme waren fehlende Fossilien solcher Tiere: „Einer der Gründe, warum diese großen Fische übersehen oder falsch identifiziert worden waren, liegt in ihrer Anatomie”, so Friedman. „Im Laufe ihrer Evolution reduzierten diese Fische den Anteil der Knochen in ihrem Skelett, vermutlich um Gewicht zu sparen. Mit der Konsequenz, dass die meisten ihrer harten Teile nach dem Tod verstreut wurden. Es zeigt sich, dass die einzigen Teile, die man routinemäßig in den Fossilien findet, ihre gut entwickelten Vorderflossen sind.“

Bisher hielt man solche Flossenfossilien jedoch immer für Relikte von Schwertfisch ähnlichen Fischen. Jetzt jedoch sind neue Fossilien aufgetaucht, die eine ganz andere Interpretation erzwingen. In einem dieser im amerikanischen Kansas ausgegrabenen Relikte sind erstmals nicht nur die Flossen, sondern auch ein Großteil des Schädels erhalten. Und dieser enthüllt ein völlig neues Bild:

Riesenmaul und Filterlamellen

„Anstatt eines Kopfes mit einer langen, schwertähnlichen Schnauze und zahnbewehrten Kiefern fanden wir etwas ganz anderes: Lange, zahnlose Kiefer, die ein weites Maul stützten und lange, stabähnliche Knochen, die die gewaltigen Lamellen bildeten, die zum Filtern von Plankton gebraucht werden.“ Die Auswertung weiterer Funde auch aus England und Japan, enthüllten, dass einige dieser kreidezeitlichen Filtrierer bis zu neun Meter Länge erreichten und damit ähnlich groß waren wie ein heutiger Riesenhai. Zu Ehren der Familie die den gut erhaltenen Schädel entdeckte, tauften die Forscher den Plankton fressenden Fisch Bonnerichthys.

Über hunderte Millionen Jahre im Urzeitmeer

Um herauszufinden, wie lange diese Organismenform in den Meeren lebte, bevor sie am Ende der Kreidezeit mit den Dinosauriern ausstarben, fahndeten die Wissenschaftler in Museen und Sammlungen weltweit nach fossilen Überresten, die möglicherweise bisher falsch zugeordnet worden waren. Tatsächlich wurden sie fündig und enthüllten, dass Bonnerichthys nicht etwa einen ultrakurzen Ausrutscher der Evolution darstellte, sondern über Millionen von Jahren in vielen Bereichen der Meere lebte. Die Fossilfunde reichen von vor 66 bis vor 172 Millionen Jahren.

„Unsere Entdeckungen enthüllen, dass eine Dynastie von Riesenfischen diese ökologische Rolle mehr als hundert Millionen Jahre lang in den Urzeitmeeren einnahm“, so Friedman. Interessanterweise erschienen die Vorfahren der heutigen großen Planktonfresser erst, nachdem Bonnerichthys und seine Verwandten ausgestorben waren. Nach Ansicht des Forschers deutet dies darauf hin, dass sie sich entwickelten, um die ökologische Lücke zu füllen, die die Plankton fressenden Zeitgenossen der Dinosaurier nach ihrem Aussterben hinterließen.

(Universität Oxford, 01.03.2010 – NPO)

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