Astronomie

Es gibt doch Wasser auf dem Mond

Instrumente von drei Sonden weisen Wassermoleküle in den lunaren Polarregionen nach

Verteilung von wasserreichen Mineralen aufgenommen durch das Infrarotspektrometer der indischen Mondsonde. © ISRO/ NASA/ JPL-Caltech/ USGS/ Brown University

Gleich drei Sonden haben unabhängig voneinander größere Ansammlungen von Wassermolekülen in den Polarregionen des Mondes, aber auch in anderen Oberflächenbereichen nachgewiesen. Wie NASA-Wissenschaftler jetzt in „Science“ berichten, entdeckten sie zudem eine Art Tageszyklus des lunaren Wassers, entscheidend beeinflusst vom Sonnenwind. Damit ist der Mond weitaus weniger trocken als bisher angenommen.

Lange Zeit galt der Mond als extrem trockener Himmelskörper: In den Gesteinsproben der Apollomissionen fand sich nicht einmal eine Hydrathülle um Minerale, wie auf der Erde häufig. Gerade einmal bei 0,0046 Prozent lag der Wasseranteil in den Proben. Auch die Sonde Lunar Prospector konnte entgegen den Hoffnungen der Mondforscher keine größeren Mengen Wassereis in den Kratern der lunaren Polarregionen nachweisen. Jetzt aber ändert sich das Bild:

Spektrale Signaturen von Wasser und Hydroxyl

Ein Instrument an Bord der indischen Mondsonde Chandrayaan-1 hat nun erstmals eindeutige Hinweise auf größere Mengen an Wassermolekülen geliefert. Der „Moon Mineralogy Mapper” (M3) der NASA, der quasi als „Gast” an Bord der indischen Sonde mitreist, enthält unter anderem ein Spektrometer, das das von der Mondoberfläche reflektierte Infrarotlicht aufspaltet und darin die verräterischen spektralen Signaturen einzelner Elemente und chemischer Verbindungen aufspürt. Aus diesen Daten können die Wissenschaftler dann Informationen über die Zusammensetzung der lunaren Kruste gewinnen.

Als das M3-Auswertungsteam die jüngsten Daten der Sonde analysierte, stießen sie auf zwei Signaturen, die mit den Absorptionsmustern von Wassermolekülen und mit denen des Hydroxyls, einem Molekül aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom übereinstimmten. „Für Silikat-reiche Körper gelten solche Muster normalerweise als typisch für Wasser und Hydroxyl-haltige Minerale“, erklärt Carle Pieters, leitender Wissenschaftler im M3-Team von der Brown Universität. Entdeckt wurden die Signaturen vor allem in den höheren Breiten des Erdtrabanten, aber auch vereinzelt in sonnenbeschienenen Oberflächenbereichen.

Ein Kilo Wasser pro Tonne Mondregolith

„Wenn wir von Wasser auf dem Mond sprechen, meinen wir allerdings keine Seen, Ozeane und noch nicht einmal Pfützen“, so der Forscher weiter. „Wasser auf dem Mond bedeutet Moleküle von Wasser und Hydroxyl, die mit den Molekülen des Gesteins und Staubs wechselwirken – vor allem in den oberersten Millimetern der Mondoberfläche.“ Noch ist die Menge der Wassermoleküle nicht genau bekannt, Forscher schätzen aber, dass es bis zu 1.000 Moleküle pro einer Million Teilchen (ppm) sein könnten. „Wenn man eine Tonne Mondoberfläche ‚abernten‘ würde, erhielte man knapp einen Liter Wasser“, so Roger Clark, Forscher des U.S. Geological Survey.

Schon bei einem Vorbeiflug der Saturnsonde Cassini im Jahr 1999 deutete deren „Visual and Infrared Mapping Spectrometer“ das Vorkommen von Wassermolekülen an, die Daten waren damals jedoch zu unsicher, um sie zu veröffentlichen. Jetzt erscheinen auch diese Daten in der neuen „Science“-Ausgabe.

Tageszyklus des Mondwassers nachgewiesen

Und noch ein Beleg für Wasser auf dem Mond gibt es: In einem weiteren Artikel in der gleichen Ausgabe berichten auch Wissenschaftler der „Deep Impact“ Mission über aufsehenerregende neue Erkenntnisse zum lunaren Wasser. Obwohl nicht primär zur Monderkundung gedacht, nutzte die „Deep Impact“-Sonde der NASA einen Vorbeiflug im Juni dieses Jahres, um ihre Spektrometer und andere Instrumente zu kalibrieren, bevor sie weiterflog zu einem Rendezvous im November 2010 mit dem Kometen Hartley 2.

Die Ergebnisse dieser Probemessungen waren erstaunlich: Die Sonde wies nicht nur ebenfalls nach, dass es Wassermoleküle auf dem Mond gibt, sondern auch, dass die gesamte Mondoberfläche mindestens über kurze Zeitperioden während des lunaren Tages hinweg hydratisiert ist. „In den Deep Impact Daten sehen wir Wassermoleküle, die sich bilden und dann vor unseren Augen wieder auflösen“, berichtet Jessica Sunshine, Astronomin der Universität von Maryland und Deep-Impact-Projektforscherin. Ihre erste Reaktion, so erzählt sie, war denn auch: „Das kann nicht sein! Das kann einfach nicht sein!“

Sonnenwind als Wasserstoff-Ionen Lieferant?

„Noch sind wir nicht sicher, wie genau das passiert, aber unsere Ergebnisse deuten auf einen sonnengetriebenen Zyklus hin, in dem sich Schichten von Wasser nur wenige Moleküle dick auf der lunaren Oberfläche bilden, verdunsten und wieder neu bilden – an jedem Tag“, so Sunshine. „Wir postulieren, dass Wasserstoffionen von der Sonne durch den Sonnenwind zum Mond transportiert werden und sich dort mit den sauerstoffreichen Mineralen des Regoliths zu Wasser und Hydroxyl verbinden, die laut Spektraldaten eindeutig vorhanden sind. Dieses Wasser entsteht morgens. Bis zum lunaren Mittag hat die Sonnenwärme die Moleküle bereits wieder verdunsten lassen.“

Sollte sich diese Hypothese bewahrheiten, dann könnte ein solcher Hydratisierungs-Mechanismus auch auf anderen atmosphärefreien Himmelskörpern des inneren Sonnensystems stattfinden. In jedem Falle haben die neuen Daten den Planetenforschern reichlich neuen Stoff geliefert. Jetzt geht es darum, die Daten weiter auszuwerten und noch detailliertere Erkenntnisse über die Prozesse auf unserem Erdtrabanten zu gewinnen.

(NASA/JPL, 25.09.2009 – NPO)

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