Kosmische Berieselung: Jedes Jahr regnen rund 15.000 Tonnen interplanetarer Staub in die Erdatmosphäre hinein – rund die Hälfte davon dringt bis zur Erdoberfläche durch, wie Analysen antarktischer Schneeproben nahelegen. Damit bringen diese Mikrokörnchen mehr extraterrestrisches Material auf die Erde als die seltenen Einschläge größerer Meteoriten. Rund 20 bis 100 Tonnen Kohlenstoff – teilweise in Form organischer Moleküle – gelangen so jährlich auf unseren Planeten.
Unsere Erde ist einem ständigen Bombardement aus dem All ausgesetzt: Neben den eher seltenen Einschlägen größerer Meteoriten regnet es stetig winzige Staubteilchen aus dem interplanetaren Raum. Sie stammen zum Teil von Kometen, die bei ihren Passagen durch das innere Sonnensystem Reste ihrer Schweife hinterlassen. Ein Teil wird aber auch bei Asteroidenkollisionen oder dem Einschlag größerer Objekte in benachbarte Himmelskörper frei. Sogar vereinzelte Körnchen interstellaren Staubs könnten darunter sein.
Proben vom entlegensten Ort der Welt
Das Problem jedoch: Wie viel kosmischer Staub auf die Erde hinabregnet und wie er zusammengesetzt ist, lässt sich nur schwer eindeutig ermitteln. Zwar gibt es einige Schätzungen auf Basis von Mikrometeoritenfunden am Meeresgrund, in Wüsten, auf Eisflächen oder in Sedimentgesteinen. In welchem Zeitraum und in welcher Dichte diese Körnchen aber einst fielen, ist oft nicht mehr genau nachvollziehbar.
Deshalb hat ein Forschungsteam um Jean Duprat von der Universität Paris-Saclay eine systematische Langzeiterhebung durchgeführt – an einem der entlegensten Orte der Welt: Sie entnahmen Schneeproben aus dem ewigen Eis der Antarktis nahe der Concordia-Station am Dome C. Sie liegt weit entfernt vom Meer auf dem antarktischen Plateau und unweit des kältesten Orts der Erde. Dort ist die Luft so klar wie nirgends sonst auf der Welt und daher wenig von irdischen Staubquellen verunreinigt.
Fahndung nach extraterrestrischen Körnchen
Für ihre Studie gruben die Forschenden einen mehrerer Meter tiefen Graben in den eisigen Untergrund, bis sie in Schichten vordrangen, die vor der menschlichen Präsenz in der Antarktis abgelagert worden waren. Dort entnahmen sie mehrere 60-Liter-Blöcke Schnee, transportierten sie zur Station und schmolzen die Proben unter sterilen Bedingungen. Über Filtersysteme sammelten sie die Staubkörnchen aus dem resultierenden Schmelzwasser.
Mithilfe von mikroskopischen und mineralogischen Untersuchungen identifizierten die Wissenschaftler anschließend die Körnchen, die extraterrestrischen Ursprungs waren. Solche Mikrometeoriten und kosmischen Spherulen sind unter anderem an ihrer von der Reibungshitze der Atmosphäre abgerundeten Form zu erkennen. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte aller in den Schneeproben gefundenen Staubkörner stammten aus dem Weltraum.
8.800 Tonnen Mikrometeoriten pro Jahr
Das Entscheidende jedoch: Aus der Menge und Verteilung der Körnchen im Schneevolumen ermittelten Duprat und sein Team den Einstrom des kosmischen Staubs. Demnach haben sich in diesem Teil der Antarktis rund 7,7 Mikrogramm extraterrestrischer Staub pro Jahr und Quadratmeter im Eis abgelagert. Erfasst wurden dabei Teilchen im Größenbereich von 30 bis 240 Mikrometern.
Hochgerechnet auf die gesamte Erde bedeutet dies: Pro Jahr rieseln rund 5.200 Tonnen ungeschmolzener Mikrometeoriten und 3.600 Tonnen verglaste Spherulen aus dem All auf den Erdoberfläche. Insgesamt lagern sich damit rund 8.800 Tonnen Weltraumstaub auf der Erde ab. „Diese Schätzung sollte aber als untere Grenze für den Einstrom angesehen werden, weil sie größere kosmische Spherulen nicht miteinschließt, die einen signifikanten Beitrag zum kosmischen Einstrom leisten“, betonen die Forscher.
Extraterrestrische Kohlenstoffquelle
Damit bringt dieser unsichtbare Staubregen aus dem All jährlich mehr Material auf unseren Planeten als die oft spektakulären, aber seltenen Einschläge und Explosionen größerer Meteoriten. „Dieser Masseneinstrom extraterrestrischer Partikel ist sowohl in astrophysikalischer wie geophysikalischer Hinsicht bedeutsam“, erklären Duprat und sein Team.
Konkret ermittelten sie, dass allein durch diesen extraterrestrischen Staub zwischen 20 und 100 Tonen Kohlenstoff pro Jahr auf die Erde gelangt. Etwa 25 Prozent davon besteht aus weitgehend unveränderten Kohlenstoffverbindungen, darunter auch organischen Molekülen. Das könnte die Annahme stützen, dass auch die junge Erde einen Großteil ihrer ersten Lebensbausteine aus dem All bekam – teilweise durch die Einschläge größerer Brocken, aber eben auch durch den stetig hinabrieselnden Weltraumstaub.
Der meiste Staub kommt von Kometen
Interessant auch: Ein Großteil des extraterrestrischen Staubregens stammt nicht von Asteroiden und aus Kollisionen im Asteroidengürtel, sondern von kurzperiodischen Kometen der sogenannte Jupiterfamilie. Diese besitzen Flugbahnen, deren sonnenfernster Punkt nur knapp jenseits des Jupiter liegen und die daher alle paar Jahre das innere Sonnensystem passieren. Ihre Staubschweife könnten für bis zu 80 Prozent des auf die Erde hinabrieselnden Weltraumstaubs verantwortlich ein. (Earth & Planetary Science Letters, 2021; doi: 10.1016/j.epsl.2021.116794)
Quelle: CNRS