Bergbau mit Folgen: Schon zur Zeit der Römer war die Luft über Europa mit Blei und anderen Schwermetallen verschmutzt. Der intensive Abbau von Blei, Silber und anderen Metallen im römischen Reich ließ die Bleibelastung der Luft um das Zehnfache ansteigen, wie nun Eisbohrkerne vom Mont Blanc belegen. Die Höhepunkte der antiken Luftverschmutzung lagen demnach im zweiten Jahrhundert vor und nach Christus.
Die Ära der menschengemachten Luftverschmutzung begann keineswegs erst im Zeitalter der Industrialisierung. Auch schon davor führte vor allem der Bergbau zu messbaren Belastungen der Luft vor allem mit Schwermetallen, unter anderem bei den Kulturen der Anden, zur Zeit der spanischen Eroberer, aber auch im antiken und mittelalterlichen Europa. Nachweisbar sind diese Spuren früher Luftverschmutzung unter anderem in Eisbohrkernen aus Berggletschern.
Rückblick auf die Luft der Antike
Doch wie gut oder schlecht die Luft in der europäischen Antike war, dazu gab es bisher nur ungenaue Daten – darunter von einem Eisbohrkern aus Grönland. Deshalb haben nun Susanne Preunkert von der Universität Grenoble und ihr Team zwei Eisbohrkerne analysiert, die deutlich näher am Ort des Geschehens entnommen worden waren: Sie stammen aus dem Eis des Mont Blanc, des höchsten Bergs der Alpen.
Das Eis der beiden Bohrkerne reicht rund 5.000 Jahre zurück. „Es bietet uns damit eine umfassende Aufzeichnung der Luftverschmutzung durch europäische Bergbau- und Verhüttungsaktivitäten von der Bronzezeit über die Antike bis ins frühe Mittelalter“, erklären die Forscher. Für ihre Studie analysierten sie die im Eis abgelagerten Gehalte von Blei, Antimon und anderen Schwermetallen, die typischerweise bei der Metallgewinnung und -verarbeitung freigesetzt werden.
Zehnmal mehr Blei in der Luft
Das Ergebnis: Schon zur Zeit der Römer war die Luft über Europa nicht mehr sauber, sondern zeigte klare Anzeichen für eine Luftverschmutzung. Ab etwa 350 vor Christus registrierten die Forscher rund 500 Jahre lang deutlich erhöhte Blei- und Antimonwerte im Eis ihrer Bohrkerne. „Das alpine Eis zeigt, dass die Bleibelastung in der Antike den natürlichen Hintergrundwert von Blei um das bis zu Zehnfache erhöhte“, berichtet Preunkerts Kollege Michael Legrand. Der Antimonwert stieg in dieser Zeit um das Sechsfache.
Ursache dieser Luftverschmutzung war der fast schon in industriellem Maßstab betriebene Metallabbau der Römer. Sie förderten große Mengen an Blei und Silber vor allem aus Minen in Spanien und auf den Britischen Inseln. Das Metall wurde für Silbermünzen, aber auch zur Massenfertigung von Wasserrohren aus Blei genutzt.
Zwei Hochs und ein Tief
Die Bleibelastung der antiken Luft zeigt dabei zwei deutliche Hochs, die mit Phasen der römischen Expansion und wirtschaftlichen Stärke übereinstimmen, wie Preunkert und ihr Team feststellten. Der erste Peak liegt um 250 vor Christus und markiert eine Zeit, in der das römische Reich sich über die gesamte italienische Halbinsel ausbreitete. Der zweite Peak der Bleibelastung liegt um 120 nach Christus und trifft damit mit der Phase zusammen, als das römische Reich in weite Teile Resteuropas expandierte.
Zwischen diesen beiden Hochphasen der römischen Expansion und der intensiven Metallgewinnung gab es jedoch eine Umbruchszeit, die sich auch in den Eisbohrkern-Daten widerspiegelt: Zwischen den beiden Verschmutzungs-Hochs gibt es eine rund 100 Jahre lange Phase, in der die Bleibelastung deutlich geringer war. „Das spiegelt die Zeit wider, als das römische Reich durch Kriege und den Übergang von der römischen Republik zum Kaiserreich geschwächt war“, erklären die Forscher.
Wichtig auch für heutige Messungen
Die neuen Daten belegen, dass der antike Bergbau deutlich mehr Spuren in der Luft über Europa hinterließ als bisher angenommen. Die alte Annahme, dass es vor der industriellen Revolution kaum nennenswerte Luftverschmutzung auf unserem Kontinent gab, sei damit widerlegt, so die Forscher. Das müsse auch für die Festlegung der „natürlichen“ Hintergrundbelastung als Referenz für Luftgütemessungen berücksichtig werden.
„Die Luftverschmutzung durch die Römer ist zwar fünf bis zehnmal geringer als durch das verbleite Benzin der Neuzeit, dafür aber hielt sie deutlich länger an – mehrere Jahrhunderte statt nur rund 30 Jahre“, sagt Legrand. (Geophysical Research Letters, 2019; doi: 10.1029/2019GL082641)
Quelle: American Geophysical Union